Inuit in der Literatur, Klausbernd Vollmar

Klausbernd Vollmar ist ein Kenner der Arktis, die er mehrmals besuchte.
Er hat zahlreiche Artikel über den hohen Norden veröffentlicht, u.a. auf meinem Blog hier  „Inuit in Film“. Er schrieb ein literarisches Tagebuch „Eine Reise ins Eis“ über seine Expeditionsreise nach Spitzbergen, Nordost-Grönland und Jan Mayen.
In diesen Texten drückt er seine Liebe zum hohen Norden in Naturbeschreibungen, Faktenwissen, Assoziationen, Erinnerungen und Träumen aus. Die Arktis spielt ebenfalls in seinem Roman „Tantes Tod“eine wichtige Rolle, über dessen Veröffentlichung er gerade mit einem Verlag verhandelt.

Scoresby, 2007 Foto: Klausbernd Vollmar

“Es sind schon Männer berühmt geworden, weil sie ein Fachgebiet gemeistert haben, dessen Bedeutung von ihren Zeitgenossen noch nicht erkannt worden war. Und ich habe die Literatur über die Arktis gemeistert.”

Andrea Barrett, Jenseits des Nordmeers

Der Norden gleicht einer gestaltwandlerischen Frau, die den männlichen Geist mit ihren vielen Gesichtern verführt.
Lese ich über den Norden, verblüfft mich, wie unterschiedlich zu verschiedenen Zeiten der Norden gesehen wurde. Für die alten Griechen war er der unbesuchte Ort, der Paradiesvorstellungen anzog. Als kühne Seefahrer den Rand des Nordens berührten, schlug diese Sicht ins Gegenteil um. Der Norden wurde zur Hölle, zum gefährlichen Ort, der Menschen verschlingt. Der französische Seefahrer Jacques Cartier bezeichnete noch 1534 die arktischen Gefilde als das Land, das Gott Kain zugedacht hat. Als Ort der Extreme provoziert der Norden extreme Sichtweisen: entweder wird er zum gelobten Paradies oder zur menschenfeindliche Hölle.
Als die ersten Schiffe in den hohen Norden vorstießen, war es die Ausbeutung dieser jungfräulichen Gegend, die raue Burschen aus südlicheren Gefilden anzog. Ihr Blick war von ökonomischer Gier geprägt. Die Menschheit erlebte ihren ersten Ölboom, der mit gnadenlosem Abschlachten der Wale und stinkenden Tranküchen die weltferne Arktis vergewaltigte. Als die Säuger des Meeres abgeschlachtet waren, folgte mit den Trappern die systematische Dezimierung der Säuger des Landes. Im 19. Jahrhundert bis nach der Eroberung der Pole, war die Arktis das Land, in dem sich echte Kerle bewährten. Sie wurden als die ersten beschrieben, welche die Eiswüsten bezwangen und froh waren, nach ihren Eroberungen schnell wieder nach Hause zu kommen. Zugleich begann man zaghaft gegen Mitte des 19. Jahrhunderts sich für die Bewohner der Arktis zu interessieren und aus wissenschaftlichen Interesse den Norden zu bereisen.
Alle diese Betrachtungsweisen leben in unserem heutigen Bild des Nordens fort. Sie finden ihren Niederschlag im Literarischen und den Sachbüchern über die Arktis, die seit Ende des zwanzigsten Jahrhunderts als idealisierter Ort der letzten Wildnis “in” ist. Selbst die moderne Werbung nutzt die Faszination der Polargebiete, wenn sie textet: “Peary entdeckte den Nordpol, Amundsen den Südpol. Und ich bin die offizielle Entdeckerin des Ruhepols” (Werbung für die Zeitschrift “mein schöner Garten”, Juni 2008).

In der Wahrnehmung der Inuit bezieht sich jede Landschaftsformation auf eine mythologische Geschichte. Landschaft und Mythos sind untrennbar mit einander verbunden. Die Landschaft bietet ein kollektives Gedächtnis und so nicht nur eine geografische, sondern auch eine psychologische Orientierungshilfe.

Die kanadische Forscherin Sherrill Grace ist dem Konzept des Nordens in Kunst, Literatur und Geschichtsschreibung nachgegangen. Sie beschränkte sich zwar auf das arktische Kanada beschränkt, aber was sie über den Wandel dieses Nordbildes aussagt, gilt weitgehend für die gesamte Arktis.

Sherrill Grace: Canada and the Idea of the North (McGill University Press, Montreal 2001)

Auch der britische Archäologe Robert McGhee stellt scharfsinnig dar, was unterschiedliche Zeiten auf “Ultima Thule” projizierten und wie Landschaft und Wahrnehmung zusammenhängen.

Robert McGhee: Human History of the Arctic World (Oxford University Press, Oxford 2005)

Grace ist weitaus spezifischer als McGhee, dessen Beobachtungen oft im Abstrakten bleiben. Er wollte eine Besiedlungsgeschichte der Arktis vorlegen, was ihm vorzüglich und bis ins Detail gelungen ist.

Warum interessiert sich ein “Südländer” für das Bild des Nordens?
Beweisen nicht die Urlauberströme, dass der Süden der Ort des Glücks ist? Der Mitteleuropäer strebt zur Sonne und Wärme, als folge er dem kommunistischen Lied “Brüder zur Sonne, zur Freiheit …”. Dennoch gibt es eine wachsende Zahl von Nordland-Enthusiasten, die jenseits der Massen, elitär im Eis ihr Paradies suchen. Das erinnert an die Nordmänner bei ihrer Besiedlung Grönlands. Damals wie heute suchte man dicht besiedelten Gegenden zu entkommen und sich in menschenleerer Weite zu bewähren. Wie die Nordmänner ihr Paradies erlebten und wie es endete, wird anschaulich in Jane Smileys umfangreichen Grönland-Roman beschrieben, der das Leben dreier Generationen von etwa 1345-1415 beschreibt.

Jane Smiley. Die Grönland Saga (Frankfurt/M. 1992)

Die Arktis lässt uns Eiszeit assoziieren. Sie erzeugt Bilder vom “einfachen” Menschen, die in einer hochkomplexen Gesellschaft idealisiert werden. Darauf beruht die Ethno-Mode, die den Iunuit als “letzten Wilden” entdeckte. Wie sich die Vorstellung der Eiszeit gegen enorme Widerstände im 19. Jahrhundert verbreitete, stellt Edmund Blair Bolles unterhaltsam und faktenreich dar.

Edmund Blair Bolles: Eiszeit (Frankfurt/M. 2003)

Er beschreibt unter anderem, wie Louis Agassiz die Idee der Eiszeit verbreitete. Als diese Vorstellung akzeptiert war, wurde sie von der Volksmeinung mit unseren Ururahnen a la Familie Feuerstein bevölkert, mit primitiven Jägern einer Kulturstufe, der sich der viktorianische Mensch überlegen fühlte und von der er zugleich angezogen war. Eine Gesellschaft, die triebhafte Instinkte verdrängte, brachte Freuds Psychoanalyse genau so wie die Faszination am Wilden hervor, die stets auch sexuelle Untertöne besaß. Wer hat nicht vom Frauentausch der Inuit gehört, der ähnlich erregte, wie die Schilderungen von Cooks Seeleuten über die willigen Südsee-Insulanerinnen?
Dass die meisten Forschungsreisenden in der Arktis Kinder zurückließen, wird in wenigen Werken erwähnt. Der Amerikaner Peary lieh sich z.B. über lange Zeit die schöne Eskimofrau Aleqasina aus, mit der er nicht nur zwei Kinder zeugte, sondern auch Nacktfotos im Pin-up Stil aufnahm. Selbst der rassistische Eskimologe Vilhjalmur Stefansson hinterließ seinen Sohn Alex in der Arktis, den er mit der Inuk-Näherin Pannigabluk gezeugt hatte und um den er sich nie kümmerte.
Neben dem Zauber der enthemmten Inuitfrauen faszinierte andere Reisende die Freuden einer reinen Männergesellschaft, obwohl über homoerotische Freundschaften nie bei den Forschungsreisenden zu lesen ist, obwohl man sich freudig in einem Schlafsack aneinander wärmte.
Ein arktisches Buch zu lesen, verspricht also nicht nur ein spannendes Abenteuer, sondern auch Aufregung und eine latente Erotik.

Publikationen von arktischen Reisen dienten zunächst durch die Verbreitung von Information der Erforschung dieser Gegenden, von denen man sich wirtschaftlichen Erfolg versprach. Ende des 18. Jahrhunderts kommt mit Hearnes Buch (1795) und Mungo Parks Bericht von seiner Afrika-Reise (1799) die unterhaltsame Literatur über die Erforschung unbekannter Länder auf, in deren Tradition noch Nansens Bestseller “In Nacht und Eis” steht. Dieses Buch kann man gemütlich im Bett seinem Partner vorlesen. Es ist ein Buch der Hingabe an die Naturkräfte, eines sich Auslieferns, wie Nansen es ausdrückte. Im 19. Jahrhundert diente die Literatur über die Arktis zunehmend nationalem Interesse. Es ging darum, welche Nation wie weit in den Norden vordrang – eine Potenzprotzerei des je tiefer, je besser. Heute beherrschen “alarmistische Gerüchte” wie auch die berechtigte Sorge um den Klimawandel das Interesse von Wissenschaftlern und Laien an den Polargebieten. Und man glaubt es kaum, endlich haben auch die letzten Esoteriker den Norden und somit den grönländischen Schamanismus für sich entdeckt. Freilich beschäftigten sich bereits führende Esoteriker des deutschen Faschismus mit dem Norden, ohne jedoch den dort praktizierten Schamanismus zu beachten.

Angaangaq: Schmelzt das Eis in euren Herzen! (München 2010)

Siehe auch www.icewisdom.com

Besonders erfolgreich vermarktet sich der grönländische Schamane Angaangaq, der gefühlskalten Europäern die Herzen erwärmt. Wesentlich anmutiger und mit französischem Charme widmet sich der Erfolgsautor und Psychiater Francois Lelord dem Thema Inuit zugleich mit zwei Büchern.

Francois Lelord: Hector und die Entdeckung der Zeit (München 2006)

Francois Lelord: Das Durcheinander der Liebe (München 2008)

Spannend fand ich in “Hector und die Entdeckung der Zeit” die unterschiedliche Zeitauffassung der Inuit, die schon den ersten Forschern auffiel. Amüsant sind die Erlebnisse des Inuit Ulik, der von einer Ölgesellschaft zu Werbezwecken nach Paris eingeladen und dort mit der europäischen Auffassung der Liebe konfrontiert wird.

Ultima Thule – das Paradies des Nordens

“Vergeblich suchte ich mich zu überreden, der Pol sei der Ursprung des Frostes, der Torstlosigkeit. Stets bietet er sich meiner Vorstellung als ein Ort der Schönheit, der Freude an.”

Mary Shelley, Frankenstein

Die griechische Klassik vermutete in der Arktis den Wohnort der Hyperboräer, jener glücklichen Menschen, die jenseits der Höhlen wohnten, von denen Boreas, der Norwind, wehte. Das Land dieses Volkes wurde als paradiesisch gesehen. Da zu dieser Zeit keiner der südlicher wohnenden Menschen den hohen Norden gesehen hatte, diente Ultima Thule, wie der äußerste Norden genannt wurde, als Projektionsfläche für verwegenste Vorstellungen. Reisende, die vorgaben, in diese Bereiche vorgedrungen zu sein, erzählten bizarre Geschichten von einer Anderswelt, die märchengleich ihr Publikum faszinierten. Eine der beliebtesten Geschichten war die der vier Flüsse, die am Nordpol in einen Abgrund stürzen, eine Annahme, die noch Mercators Weltkarte prägte.
Das Land der Hyperboräer wird durch Berge vor kalten Winden geschützt, so dass in ihm ewiger Frühling herrscht und das ganze Jahr hindurch Früchte reifen. So nahmen es die griechischen Dichter Hesiod (um 700 v. Chr.) und Homer an und prägten die Vorstellung vom eisfreien Polarmeer, die noch der deutsche Geograf Petermann im 19. Jahrhundert vertrat.
Die realitätsferne Idee der edlen Hyperboräer überlebte lang. In Friedrich Nietzsches Philosophie treten die “neuen Hyperboräer” auf , die eisgetesteten und kältegestählten Männer, die dem Ideal des viktorianischen Forschungsreisenden oder des Übermenschen entsprachen und die uns wieder in nationalsozialistischen Vorstellungen von der Herrenrasse im Norden begegnen. Sie erscheinen in der Gestalt von Forschern, den bärtigen Ehrgeizlingen mit Frostbeulen, die mit größter Willenskraft einem Schneesturm trotzen.

In Derek Hayes historischem Atlas der Arktis kann man blätternd anschaulich den Wandel des Bildes vom hohen Norden nachvollziehen.

Derek Hayes: Historical Atlas of the Arctic (Douglas & McIntyre, Vancouver 2003)

Wer die deutsche Sprache vorzieht, dem bietet das folgende Buch ähnliche Informationen.

Dreyer-Eimbeck, Oswald: Island, Grönland und das nördliche Eismeer im Bild der Kartografie seit dem 10. Jahrhundert (Wiesbaden 1987)

Das nebligkalte Totenreich

“Wohin auch immer wir reisen, wir suchen, wovon wir träumten, und finden doch stets nur uns”

Günter Kunert

Einer der ältesten überlieferten “Reiseberichte” vom Norden stammt vom Geografen Pytheas von Massilia . Pytheas brillierte als genauer Beobachter, der als erster feststellte, dass die Gezeiten vom Lauf des Monds abhängig sind, außerdem geht die Astronavigation auf ihn zurück. Er war es, der den Begriff “Ultima Thule” nicht nur prägte, sondern auch vorgab, auf seinen Reisen diesen Ort gesehen zu haben. Freilich stellt sich die Frage wie bei allen Reisenden bis zu Marco Polo, welche Reisen er damit gemeint hat – die inneren oder die äußeren? Wie weit Pytheas in den Norden kam, weiß niemand. Sicher ist, dass er die Antike am Norden interessierte. Gebildete kannten damals den Arktoi, den Eisbären, dessen vage Vorstellung man wie die Götter an den Himmel projizierte. Es bürgerte sich ein, das Land unter dem Sternbild des Bären “Arktis” zu nennen. Sie galt als letzter Außenposten vor dem Abbruch der Welt ins Nichts, wo bekanntlich die Schiffe herunterfallen, wenn sie weitersegelten, nachdem der unselige Kapitän seine Kleider in Panik zerfetzte und sich den Bart ausriss, wie es in arabischen Erzählungen, die klassisches Gedankengut bewahrten, beschrieben wird. Hier fällt der Seefahrer ins Totenreich, das nach antiker Vorstellung ein Ort des kalten Nebels ist.
Charakteristisch für dieses frühe Bild des Nordens ist, dass das Unbekannte eine Projektionsfläche darstellt, auf der sich Inhalte unbewusster Ängste darstellen. Im Unbewussten sedimentieren Vorstellungen, die sich zu Archetypen kristallisieren, die bis hin zu Höllenvorstellungen von Dantes göttlicher Komödie wirkten. Der Norden wurde vom hyperboräischen Paradies zum nebligkalten Ort des Todes, ein Hintergrund, der wesentlich für die Heldenverehrung der Polarforscher speziell im 19. Jahrhundert war (bis diese zur Zeit von Shackletons missglückter Endurance-Expedition vom Kriegshelden verdrängt wurden).

Pytheas Werk “On the Ocean” ist verloren gegangen. Wir kennen es nur durch spätere Autoren.
Genauer kann sich der interessierte Leser bei Tozer informieren:

H.F. Tozer: History of Ancient Geography (Cambridge 1897)

Der Eingang zur Hölle

“Die Menschen erstrebten von jeher, was sie nicht hatten, und waren bereit, den Preis dafür zu zahlen, dessen es ihnen würdig erschien.”

Gabriel Hanotaux

Lange nach Pytheas entstand im frühen, keltisch geprägten Christentum ein Traum vom Norden, der sich an Brendans Reisen festmacht. Irische Mönche suchten den paradiesischen Ort im Norden, an dem sie ungestört in lieblicher Umgebung Gott nahe seien konnten, und fanden die Hölle.
Im 8. Jahrhundert wurden die Seereisen des Mönchs Brendan unter dem Titel “Navigatio Brendani” zu einem Seefahrermythos vereint. Freilich wurde dieses Epos erst mehrere Generationen nach Brendan niedergeschrieben. Für ihn war Ultima Thule mit der Hölle verbunden und für Christen war die Hölle ein Ort des Feuers. Brendan will auf seiner wohl eher inneren Reise einen feuerspeienden Berg gesehen haben, der so schrecklich war, dass er für ihn den Eingang zur Hölle darstellte. Das kann der Beerenberg gewesen sein, aber er mag auch isländische Vulkane erlebt haben oder von geografisch unspezifischen Träumen seiner Zeit geprägt worden sein.
Die an das Feuer gebundene Höllenvorstellung der Christen führte etwa tausend Jahre später bei der Missionierung der Inuit zu völligem Unverständnis. Für die Inuit wurde das wärmende und lichtspende Feuer durchweg positiv gesehen.

Brendan: Navigatio Sancti Brendani (8.Jh.)

Der Eingang zum Erdinneren

“Es gibt keine Grenzen. Nicht für den Gedanken, nicht für die Gefühle. Die Angst setzt Grenzen.”

Ingmar Bergman

Diese einflussreichen Vorstellungen vom Norden treffen sich darin, im Norden einen Zugang zur Anderswelt zu sehen, eine Idee, die in der Hohlerdtheorie wieder aufgegriffen wurde. Diese bizarre Theorie war die erste Reaktion auf Isaac Newtons Entdeckung der Gravitation und seinen Berechnungen, dass der Mond dichter als die Erde ist. Kein Geringerer als der englische Astronom Edmund Halley folgerte 1691 aus Newtons Annahmen, die Erde müsse hohl sein. Ferner nahm man damals an, alle Himmelskörper seien bewohnt. So war es selbstverständlich, die Hohlräume der Erde zu besiedeln. Die Erde als Kugel wird außen von unserer Welt belebt und innen gibt es eine weitere belebte Welt. Ein breiter Eingang zu dieser Innenwelt soll nahe dem Pol liegen. Hier wurde der Lebensraum der ältesten und intelligentesten Lebensformen vermutet. Irgendwann, so hofften die Hohlerdgläubigen, wird von diesen Lebensformen eine Reinigung unserer Erde ausgehen. In der Thule Gesellschaft, die den Nationalsozialismus vorbereitete, wurde behauptet, dass sich die Herrenrasse in diese Innenwelt zurückgezogen habe. Weniger rassistisch geprägt finden wir ähnliche Ideen bei Jules Verne , Edgar Allan Poe (Poes Bild vom polaren Eingang in die Unterwelt) und explizit im Roman “Hohlwelt” des Mathematikers Rudy Rucker. Die heutige UFO-Szene ist ebenfalls von solchen Träumen geprägt, wenn sie annimmt, dass im Inneren der Erde UFOs darauf warten, die Menschen zu evakuieren, falls eine ökologische Katastrophe eintritt. Die Ausflugschneise dieser UFOs liegt in Thule – und damit ist wohl nicht die amerikanische Air Base in NW Grönland gemeint.

Als Einführung in dieses fragwürdige Thema versteht sich das Buch von Joscelyn Godwin:

Joscelyn Godwin: Arktos. Das Buch der Hohlen Erde (Peinting 1997)

Wiss. Lit.:

Edmund Halley: An account of the change of the variation of the magnetic needle with an hypothesis of the structure of the internal parts of the earth (London 1692)

James McBride: Symmes` Therory of Concenmtric Spheres (1826)

McBride bewegte den amerikanischen Kongress dazu, Gelder für eine Expedition zum Südpol zu bewilligen, um die Öffnung in die innere Erde zu studieren. Die Expedition scheiterte wie viele Polarexpeditionen an einer Meuterei. Sie inspirierte E.A. Poe zu einigen seiner Werke.

Historische Lit.:

Niklas Goodrich-Clarke: Die okkulten Wurzeln des 3. Reiches

Rudolf von Sebottendorf: Bevor Hitler kam (München 1933)

Von Sebottendorf, der maßgeblich für die esoterischen Gedanken der NS-Führung verantwortlich war, präsentiert in diesem Buch unter anderem die Idee der Herrenrasse des Nordens.

Detlev Rose: Die Thule-Gesellschaft (Tübingen 2000)

Hermann Gilbhard: Die Thule-Gesellschaft (München 1994)

Folgende SF-Romane nahmen sich des Hohlerde-Themas an:

Jules Verne: Reise zum Mittelpunkt der Erde

Wladimir Obrutschew: Plutonien

Rudy Rucker: Hohlwelt

Der Ort der Fülle

“Das ganze Wesen des Walfängers ist darauf gerichtet, möglichst viele Fische zu fangen und dann vor Wintereinbruch zu Hause zu sein.”

Andrea Barrett: Jenseits des Nordmeers

Nachdem der Norden mystisch als Eingang zur Anderswelt geträumt wurde, schlägt das Pendel um: Der Norden wird zum diesseitigen Ort der Fülle. Das spirituelle Interesse der paradiessuchenden Mönche wandelt sich in ein kommerzielles. Zuerst die Wikinger, später die Walfänger suchten hier ihr Glück. Sie träumten von den Schätzen des Nordens, die ihrer Ausbeutung harren. Martin Frobisher hoffte vergeblich auf Gold als er eine Schiffsladung wertlos glitzernden Kies nach England brachte, andere suchten den kürzesten Weg zu den Schätzen des Fernen Ostens.
Diese Träume waren kompensatorisch, denn im mittleren Europa waren weite Bevölkerungsschichten verarmt. Die ideologisch eingesetzte Vorstellung vom reichen Norden versprach ein Entkommen aus der Misere im eigenen Land. Solche Propaganda, die bereitwillig seit Erik dem Roten verbreitet wurde und zur Bezeichnung Grönland (grünes Land) führte, zogen den Kühnen in den Norden – ein Abenteuer, das allerdings nach dem Ende der mittelalterlichen Warmzeit um 1300 ein abruptes Ende fand. Als alle Wikingersiedlungen auf Grönland um 1350 aufgegeben waren und Grönland aus dem Bewusstsein der südlicheren Völker verschwand, wurde der Traum vom Norden ambivalent. Nach wie vor blieb der Norden zwar das Land der Fülle, aber zugleich wurde Ultima Thule zum gefährlichen Ort, von dem aus tötende Götter südwärts zogen. Besonders gegen Ende der Siedlungsepoche erschienen den Nordmännern die Inuit als Inkarnation des Bösen, wenn sie auch mit Neid erkannten, dass deren Jägerkultur im kälter werdenden Grönland im Gegensatz zu ihrer Ackerbaukultur überlebte.

Als zur Zeit der Reformationskriege Mitteleuropa eine große Armut erlebte, wurde der Schatten Arktis verdrängt. Der Traum von der Fülle nahm wieder überhand und ließ den Walfang hauptsächlich der Holländer und Engländer entstehen. Gleichzeitig träumte man vom kurzen Weg zu den Schätzen des Orients. So begann die Suche nach der Nordost- und Nordwestpassage, die bis ins späte 19. Jahrhundert anhielt und mit der Franklin-Suche und der folgenden Suche nach einigen der Franklin-Suchern ihr Ende fand.
Das Bild vom Norden hatte sich seit dem späten 15. Jahrhundert vollständig kommerzialisiert. Es ließ John Cabot im Mai 1497 von Bristol über den Pol nach China aufbrechen – eine Unternehmung, auf der einiges außer der Seeweg nach China entdeckt wurde. Der gebildete englische Walfänger William Scoresby war einer der wenigen, der erst im 19. Jh. an der Realisierung dieses eitlen Traums zweifelte. Für mich ist Scoresby einer der scharfsinnigsten Beobachter des Eises. Sein Buch “Das Eis der Arktis” von 1815 kann man noch heute mit Genuss lesen.

Adriaen Coenen: The Whale Book (1585 – Nachdruck o.J.)

Dieses Dokument über den englischen Walfang besticht durch seine schönen, wenn auch oft fantasievollen Illustrationen. Wolfgang Müller (Hg.): Neue Nordwelt (Berlin 2005 – Nachdruck der Originalausgabe Leipzig 1613) Dieser “Reisebericht” von Hieronymus Megiser aus dem Jahr 1613 ist typisch für diese Zeit, dass nämlich der Autor nie die Länder besuchte, die er beschreibt. So mischen sich wahre Erzählungen von Reisenden mit Seemannsgarn und volkstümlichen Vorstellungen zu märchenhaften Schilderungen. Abenteuerlich mutet in diesem Bericht die Beschreibung der Inuit an, die eher geilen Gnomen als Menschen gleichen.

Innes Macleod (Hg.): The Greenland Whaling (Alexander Trotter`s Journal of the Enterprise in 1856) (Sandwick/Shetland 1979

McLeod bietet eine detaillierte Beschreibung des britischen Walfangs von Fraserburgh und Lerwick mit Angaben der Fänge pro Schiff und Jahr, die uns das Ausmaß des Abschlachten der Wale vor Augen führt.

Louwrens Hacquebord & Wim Vroom: Walvisvaart in de Gouden Eeuw (Amsterdam 1988)

Dieses wunderschön bebilderte Buch über die goldene Zeit des Walfangs in Smeerenburg/Svalbard und die holländischen Walindustrie scheint mir die verlässlichste Quelle über den Walfang des 17. Jahrhunderts zu sein..

Herman Melville: Moby Dick (ungekürzter Text in Neuübersetzung von F. Rathjen mit den 269 Illustrationen von Rockwell Kent, Frankfurt/M. 2004)

Unser Bild des Walfangs prägte dieser abschweifige, aber doch genial und spannend geschriebene Roman. Diesen Klassiker finde ich unerreicht, was seinen Stil und die beschworene Stimmung der Tragödie betrifft. “Moby Dick” muss man in der ungekürzten Ausgabe lesen. Es gibt eine Fülle gekürzter und geglätteter Ausgaben im Handel, denen jedoch der Charme des vollständigen Originals fehlt. Jeder Kunstliebhaber wird sich an den ausdrucksstarken Federzeichnungen erfreuen, mit denen R. Kent, der “Hogarth junior” genannt wurde, `Moby Dick´ illustrierte. Dort wird der Wal zum Leviathan. Durch starken Strich und mit viel Schwarz kommt er gefährlich lebendig herüber.

Sena Jeter Naslund: Die Walfängerin (München 2004)

Dieser umfangreiche, zweitklassige Roman bezieht sich auf Kapitän Ahab, in den sich Una, die Heldin des Buches, verliebt. Ahab jagt jedoch seinen Moby Dick und glänzt durch Abwesenheit, während Una langweilig erzählt ihr Leben lebt. Dass die deutsche Zeitschrift “Brigitte” diese Mädchenfantasie lobte, verdankt sie wohl ihrer Frauensicht.

Jack London: White Fang (London 1905)

Dieses “Hundebuch” ist ein Klassiker der Trappergeschichten, der oft kopiert wurde. Er spielt in der kanadischen Arktis, wo der Kampf ums Überleben bei Mensch und Tier im Vordergrund steht. Die Menschenfeindlichkeit der Arktis wird hier wie in so vielen Büchern dieser Zeit besonders hervorgehoben. Nachdem die einen, die auf Öl aus waren, verschwanden, folgten diejenigen, denen es um Pelze ging, die im südlicheren Europa und Russland hoch gehandelt wurden. In diesem Milieu spielt “White Fang”. Berühmt wurde Jack London für seine Klondike-Romane, die zur Zeit des Goldrausches im Yukon-Gebiet spielen.

Mosebach, Martin: Der Nebelfürst (München 2008)

Dieser vielfach ausgezeichnete Roman ist zwar stilistisch gelungen, jedoch eher schlampig im Umgang mit den Fakten. Die Bäreninsel, um die es in diesem Roman geht, wird nördlich von Spitzbergen angesiedelt, wobei ein Blick auf die Karte der Arktis genügt hätte, sie südlich von Spitzbergen zu finden. Mir gefällt jedoch an diesem Roman die Ironisierung der Kolonialpolitik zum Ende des 19. Jahrhunderts und sein Sprachwitz. Dass der deutsche Theodor Lerner die bis dahin herrenlose arktische Bäreninsel 1898 in seinen Besitz nahm, ist ein erstaunliches, aber gesichertes Faktum. Trotz einiger Ungenauigkeiten in bezug auf die geografischen Fakten handelt es sich um einen lesenswerten Roman, in dem es um die geplante Ausbeutung der Kohle auf dieser kleinen Insel geht.

Aus Traum wird Wissenschaft

“Männer wie ihr, die auf Forschungsreisen gehen, mit viel Geld und viel Trara und dicken Wintersachen, und die glauben, sie würden irgendwelche Entdeckungen machen, während überall, wo ihr hinkommt, längst ein Walfänger war. […] Das ist alles, was bei Entdeckungsleuten herauskommt […], dass sie verloren gehen.”

Andrea Barrett: Jenseits des Nordmeers

Die meisten Träume vom Norden waren lange Zeit von einer rührenden Naivität geprägt, obwohl bereits am Ende des 16. Jahrhunderts mit Willem Barents ein anderer Geist die Arktis betrachtete. Mit ihm und seinem Zeitgenossen John Davis begann sich der wissenschaftliche Blick durchzusetzen, der Klima, Meeresströmungen und Eisverhältnisse studierte. Die von diesem Geist beseelten Forschungsreisenden opferten den Traum von Ultima Thule der Realität. Heutzutage mischen sich wissenschaftliches und ökonomisches Interesse an der entmythologisierten Arktis. Dazu kommt ein touristischer Öko-Voyeurismus, der die Natur des Nordens wieder zu mythologisieren versucht.

Barry Lopez: Arktische Träume (Frankfurt/Main 2007)

Dieses Buch halte ich für die beste Einführung in die Arktis. Lopez kann so gut schreiben, dass Margret Atwood ihn “als großen Erzähler” bezeichnete. Er weiß viel zu berichten und für mich ist “Arktische Träume” der aktuelle Klassiker der Sachbücher über die Arktis.

H. Höfling: minus 69 Grad (Düsseldorf 1976)

Dies ist eine historisch interessante Arbeit, die dokumentiert, wie man in den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts Expeditionen und die Erforschung der Arktis bewertete. Es erstaunt, wie wir heute Vieles völlig anders bewerten, z.B. glaubt kein Mensch mehr, dass Peary und Cook am Nordpol waren und man weiß auch, woran die Franklin-Expedition umkam. Der Autor weiß das alles noch nicht. Obwohl die Fakten veraltet sind, halte ich “minus 69 Grad” für eine gute Quelle zur Information über die Expeditionsgeschichte der Arktis. Höfling ist jedoch ein witziger Fehler unterlaufen: Nobiles Hündchen Titina, das als erster Hund den Nordpol überflog, wird als “Titania” angeführt.

Brauner/Jakobi: Meer & Eis (Hamburg 2001)

Mir gefällt an diesem Buch, wie knapp und dennoch wissensreich die Autoren über die Arktis schreiben. Sehr verständlich wird Wissenschaft vermittelt, außerdem ist die Zusammenstellung zwischen gemalten Bildern und Fotos gelungen.

Das große Thema arktischer Forschung, ist die globale Erwärmung. Wer sich hierüber genauer informieren möchte, dem sei der Arktis-Klima-Report empfohlen.

ACIA Der Arktis-Klima-Report, Arctic Climate Report (Cambridge 2004)

Anschaulich wird in Diagrammen und Karten nicht nur das Klima, sondern auch die gesamte Geografie und Biologie der Arktis dargestellt. Ich empfehle, dieses anschaulich bebilderte Werk zuerst lesen, bevor man sich anderer arktischer Literatur zuwendet. Hier bekommt man übersichtlich die wesentlichen wissenschaftlichen Fakten in Diagrammen, Foto und Text vermittelt.

National Geographic: The Big Thaw (Titelthema im Heft Juni 2007)

Das Titelthema Erwärmung der Arktis wird wie im Arktischen-Klima-Report differenziert dargestellt, allerdings leserfreundlicher in journalistischer Art. Es entspricht dem Stil von NG, dass die Artikel mit hervorragenden Fotografien bebildert sind.

Jahresberichte des Alfred Wegener Instituts

In ihnen findet der Interessierte neueste Informationen über die Forschung in den Polargebieten.

Der Ort der Helden schafft

“Sie standen im Steven ihrer armeseligen Schuten auf kühner Fahrt und wussten selbst nicht, dass sie Helden waren”

Thomas Carlyle

Träume sind vom Zeitgeist abhängig. Mit der Entdeckung der individuellen Seele in der Romantik kommt das Interesse am Schatten auf. Das Verdrängte wird nicht nur im Schauerroman wahrgenommen, sondern auch in der Realität. Der Norden wird zum feindlichen, asketischen Ort, an dem der Held sich durch Leiden bewährt und entwickelt. Gerade Roald Amundsen pflegte diesen Traum vom einsamen Helden, der sich wie Kapitän Ahab gegen die feindliche Natur zu bewähren hat. Amundsen entspricht damit dem Bild des Helden in den Mythen der Völker, für das nach dem amerikanischen Mythenforscher Joseph Campbell “die freiwillige Introversion” gehört, die “von ihm als Mittel bewusst verwandt wird”. Damit wird der Norden wieder der mystifizierte und erhabene Ort, der Helden hervorbringt – ein Traum, der gefährlich nahe an faschistischen Träumen angesiedelt ist.

Seit Beginn des 19. Jahrhunderts und der Gründung der britischen Royal Geographic Society werden zunehmend Forschungsreisende wie John Franklin, John Ross und William Edward Parry nicht nur zu Helden stilisiert, sondern auch zu Vorbildern des Volkes in der Literatur aufgebaut. Franklin war so beliebt, dass von seinem Portrait billige Stiche in den Straßen Londons verkauft wurden. Um ihn rankten sich die meisten Geschichten. Bereits 1798 schrieb Friedrich Schiller an Goethe, dass Weltentdecker oder deren Schiffe “einen schönen Stoff zu einem epischen Gedichte” bieten würden.

Francis Spufford: I May Be Some Time: Ice and the English Imagination (New York 1997)

Spuffold geht diesem Phänomen nach und heraus kam eine lesenswerte Untersuchung der englischen Besessenheit von der Polarforschung. Der Autor zeigt kenntnisreich auf, wie sich diese in Kunst und Literatur widerspiegelt. Dieses Buch ist eine Kulturgeschichte der polaren Erforschung.

Beim Studieren der Entdeckungsgeschichte der Arktis hat mich verblüfft, dass die Suche nach der Nordwest- und Nordostpassage zwei große Helden hervorbrachte, die bei genauerer Betrachtung Versager waren. Es sind John Franklin und Elisha Kent Kane, die mit rührender wie tragischer Naivität begeistert in den Norden zogen und durch ihre mangelnde Führungsqualitäten das Desaster anzogen. Kane, einer der ersten großen Medienstars der USA, war der letzte Eismeerfahrer, der behauptete, das sagenhafte offene Polarmeer gesehen zu haben. Obwohl er an den falschen Stellen nach Franklin suchte, wurde er doch als großer Held gefeiert.
Franklins Expedition und die nachfolgende Suche nach ihm brachte die meisten schauerlichen Arktisgeschichten in den Umlauf. Die Suche nach dem verschollenen Franklin war das literarisch produktivste Ereignis der gesamten Arktisforschung bis heute. Zum Bestseller wurde Nadolnys Franklin-Roman, der als eine leicht nur idealisierende Charakterstudie des erfolglosen Forscher gesehen werden kann. Das Thema ist John Franklins Versuch, die NW-Passage zu bezwingen. Bis heute, so schätzt der informierte Abenteuerreisende Jonathan Waterman, ist es nicht mehr als zwanzig Menschen gelungen, die Nordwest-Passage aus eigener Kraft zu durchfahren.

Stan Nadolny: Die Entdeckung der Langsamkeit (München 1987)

Die Suche nach der Mannschaft der Franklin-Expedition dient auch der der amerikanischen Biologin und Romanautorin Andrea Barrett als Romanthema. Ihr Roman besticht durch die Belesenheit der Autorin und ist zugleich klug aufgebaut. Er reflektiert die Franklin-Suche und allgemein polare Expeditionen und ist unterhaltsam zu lesen. Die Geschichte fiktiver Helden wird erzählt, indem die Autorin sich auf geschichtliche Helden des Eises wie Franklin, Kane, Belcher und Wilkes bezieht. Es geht in diesem Buch im Gegensatz zu vielen anderen Eisromanen um die Destruktion des Helden.

Andrea Barrett: Jenseits des Nordmeers (München 2001)

Von den vielen Büchern über Franklin sei noch das Jungendbuch von Owen Beattie erwähnt, der in den achtziger Jahren die Leichen einiger Expeditionsteilnehmer auf Beechey-Island ausgrub. Er ließ sie analysieren, womit das Geheimnis des Scheiterns dieser Expedition gelöst war. Einen wesentlichen Anteil am Niedergang der Mannschaft hatte die Bleivergiftung, die durch bleiverlötete Konserven als Expeditionsnahrung hervorgerufen wurde.

Owen Beattie & John Geiger: Begraben im Eis der Arktis (Nürnberg 1992)

“Begraben im Eis” ist ein informativ bebildertes Jugendbuch, das 1992 auf der Auswahlliste für den Preis der deutschen Jugendliteratur stand. Auch ein Erwachsener, der sich schnell und fundiert über die Franklin-Expedition informieren möchte, sei Beatties und Geigers Buch empfohlen, das am Schluss einen kurzen historischen Überblick über die Suche nach der Nordwestpassage gibt.

Sheila Nickerson: Das gefrorene Meer (München 1998)

Dieser Roman wurde von Kritikern mit Bruce Chatwins “Traumpfade” verglichen. Er beschreibt das Leben in Alaska und ist über weite Strecken wie ein gutes Sachbuch geschrieben. Nickerson geht auf alle großen Expeditionen der NW-Passage ein und behandelt Knud Rasmussens Thule-Expeditionen. Ein spannendes und informatives Buch, in dem es einige Tote gibt.

Was zwar den Schauder des Lesers erhöhte, jedoch nicht in das Bild des edlen Helden passte, waren die Geschichten über Kannibalismus, die bei der gescheiterten Franklin-Expedition um so schockierender wirkten, da er von englischen Offizieren verübt wurde. Charles Dickens weigerte sich zu glauben, dass zivilisierte Engländer aus Franklins Crew zu so etwas fähig waren.

Einen guten Überblick über die “Heldentaten” im Norden geben Officer und Page.

Charles Officer, Jake Page: Die Entdeckung der Arktis (Berlin 2002)

Die Autoren erzählen die Geschichte der Helden und Narren, eben der Entdecker, die sich spannend liest. Es ist erstaunlich wie die Toten den größten Ruhm bekamen. Sie bestätigen, dass tote Entdecker die größte Chance haben, in die Encyclopedia Britannica aufgenommen zu werden.
Eine historisch aufschlussreiche Sicht auf die Fahrten der Helden des Nordens bietet

Paul Zeidler: Polarfahrten (Berlin 1927)

Unbekanntere deutschsprachige Eismeerfahrer wie David Cranz (1723-1777, Mitglied der Herrenhuter Mission auf Grönland), Karl Ludwig Giesecke (1761-1833) und Barto von Löwenigh (1799-1853) werden neben den bekannteren Forschern Karl Koldewey und Julius Payer beschrieben.

Gerhard Grümmer (Hg.): Nördlich von Europa. Reisen deutschsprachiger Forscher nach Grönland, Spitzbergen und andere Inseln der Arktis in den Jahren zwischen 1760 und 1912″ (Berlin/DDR 1989)

Farid Abdelouahab: Entdecker im ewigen Eis (Kehl 2006)

Dies ist ein wunderbares Dokument der Kunst der Helden, die sich in ihren Reistagebüchern zeigt. Es zeigt hervorragend illustriert Reisetagebücher aus der Arktis und der Antarktis.
Der Klassiker dieser Bücher über die Eismeerfahrer ist Knud Rasmussens “Das Heldenbuch der Arktis” von 1933.

Nun zu den einzelnen Helden

Fridtjof Nansen In Nacht und Eis (2 Bde., Berlin 1987)

Ich halte das für eines der besten geschriebenen Expeditionstagebücher der Arktis. Nansen schreibt literarisch, indem er Fakten, Träume, Gefühle, Beobachtungen und Reflexionen kunstvoll miteinander verbindet. War er schon nach seiner Grönland-Durchquerung ein kleiner Volksheld, so wurde er durch dieses Buch ein großer Held des jungen Norwegen, der später für seine politische und humanitäre Karriere den Nobelpreis verliehen bekam. Jules Verne verehrte Nansen und schwärmte für dessen Expeditionsberichte genauso wie der amerikanische Präsident William McKinley.
2007 veröffentlichte der norwegische Regisseur Kurt Salo den Nansen-Film mit dem Titel “Breaking the Ice – Arctic Style”, der sich eng an Nansens Tagebuch hält.
Als Nachfolge-Held von Nansen versuchte sich sein “Schüler” Amundsen zu profilieren. Tor Bomann-Larsen kratzt jedoch an dessen Heldenbild.

Tor Bomann-Larsen: Amundsen (Hamburg 2007)

Dies ist eine hervorragend recherchierte, umfangreiche Amundsen Biografie, in der Amundsen als rücksichtsloser Narzisst erscheint. Im Gegensatz zu Nansen konnte Amundsen nicht gut schreiben. Er ließ weitgehend seine Tagebücher schreiben, die jedoch auch ihm zu großen Ruhm verhalfen.
Diese Amundsen-Biografie bot die Grundlage zu dem norwegischen Dokumentarfilm “Frozen Heart” (2001) von Stig Andersen und Kenny Sanders.

Ragnar Kvam jr.: Im Schatten (Berlin 2002)

Diese Biografie von Hjalmar Johansen, zeigt den verzweifelten Begleiter von Nansen und Amundsen, der seinem Leben durch Suizid eine Ende setzte – was dem Heldenbild Amundsens abträglich war. Johansen scheiterte am Problem des heimkehrenden Helden, das Campbell in seinen Heldenbuch hervorhebt, nämlich nach den Freuden und Leiden der Heldentat mit den “Banalitäten und lärmvollen Gemeinheiten” des realen Lebens wieder zurecht zu kommen.
Amundsen zerstritt sich ungerechter Weise mit Johansen und degradierte ihn, was zu dessen Alkoholismus und Selbsttötung führte. Der Anlass war, dass Amundsen auf ein fast sterbendes Expeditionsmitglied keine Rücksicht nahm. Er verschwand mit einer schnellen Schlittenfahrt im Lager. Johansen dagegen rettete diesen Mann. Er machte den selbstherrlichen Amundsen öffentlich Vorwürfe, die dieser ihm nie verzieh. Allerdings kam Johansen bereits zuvor mit seinem Leben außerhalb der Arktis nur schwer zurecht.
Ein weiterer Held des Eises ist der Italiener Umberto Nobile, der Luftschiffkonstrukteur, mit dem Amundsen um dem Ruhm kämpfte, zuerst den Nordpol überflogen zu haben. B. Musolini ermöglichte Nobile eine weitere Nordpolexpedition mit dem Luftschiff “Italia”, das jedoch im Eis auf dem Rückflug von Pol havarierte. Bei der Rettung seines “Feindes” Nobile kam Amundsen um, was jedoch seinen Ruhm als Held des Eises nach der Johansen-Affäre wieder aufbaute. Nobile hingegen fiel tief: Vom Helden wurde er zur persona non grata, da er sich nach der Bruchlandung der “Italia” aus nachvollziehbaren Gründen als erster retten ließ. Erst im hohen Alter wurde er rehabilitiert.

Markus Hattstein: Die Unerbittlichkeit des Eises In: Eiszeit, Anthologie, Aufbau Vlg., Berlin 2000, S. 75-103

Hervorragend recherchiert und gut geschrieben ist diese Nobile-Story.
Richard Evelyn Byrd behauptete, mit Floyd Bennett drei Tag vor Amundsen und Nobile (Luftschiff “Norge”) den Pol überflogen zu haben, was sich jedoch kurz danach als Lüge herausstellte, die Bennett zugab.

Richard E. Byrd: Aufbruch ins Eis (Bergisch Gladbach 1998)

Per Olof Sundman: Ingenieur Andrées Luftfahrt (Köln 1969)

Der schwedische Journalist Sundman legt einen kritischen und brillant geschriebene Roman vor, der die meisten Thesen um den Heldenkult, die Thomas Kastura wieder aufgreift, gut darbietet. Der Roman ist bestens recherchierter und beschreibt, wie Andrée zum Helden stilisiert wird, schon bevor er seinen Ballon steigen lässt. Dass er der erste war, der den Pol durch die Luft erreichen wollte, genügte, um ihn zum schwedischen Volkshelden werden zu lassen, auch wenn er mit seinem Ballon nicht weit kam und sich am Schluss verständlicherweise selbst tötete. 33 Jahre später fand man die von Eisbären angefressenen Leichen und die Tagebücher dieser tragischen Expedition.
Dieser Roman wurde 1982 in Schweden unter dem Titel “Der Flug des Adlers” von Jan Troell verfilmt und 1983 als bester ausländischer Film für den Oscar nominiert. 1997 nahm Troell dieses Thema in seinem Dokumentarfilm “Der gefrorene Traum” erneut auf.
Einen lesenswerten Roman über einen Flugzeugabsturz in Alaska und das Überleben des Piloten, der einen Rekord im Alleinflug aufstellen wollte, schrieb die Australierin Julie Harris. Dieser Entwicklungsroman spielt gegen Ende der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts und folgt der Moral, dass es Sinn macht, zu überleben. Aus der Sicht des amerikanischen Piloten, der über den Aleuten abstürzte und 17 Jahre bei den dortigen Ureinwohnern lebte (bis 1943 diese Inseln evakuiert wurden), wird das Leben einer Gruppe von Jägern auf einer kleinen Insel beschrieben und mit dem Leben in der “Kultur” verglichen.

Julie Harris: Der lange Winter am Ende der Welt (Berlin 1998)

Wie bei allen gut verkauften Büchern schrieb Harris einen zweiten Band, der sieben Jahre später veröffentlicht wurde.

Julie Harris: Eisgeflüster (Berlin 2002)

In diesem Roman beschreibt die Autorin das Leben des Sohns dieses Piloten, der versucht, seiner Aleuten-Inuit-Herkunft zu entfliehen.
Einen der besten Romane über arktisches Heldentum, ohne dieses auch nur im Ansatz zu idealisieren, schrieb der österreichische Autor Christoph Ransmayr, dessen Buch zu den modernen Klassikern der Weltliteratur gezählt wird.

Christoph Ransmayr: Die Schrecken des Eises und des Finsternis (Wien 1984)

Dieser Roman um die Helden der Weyprecht-Payer-Expedition mit dem Schiff “Admiral Tegetthoff” ist herausragend in jeder Hinsicht: das Plotdesign, der Stil, der Spannungsaufbau und die Recherche sind brillant. Die meisten Entdecker-Romane fallen dagegen ab. In diesem Roman kann man hautnah die Dramatik einer arktischen Expedition erleben.

W. L. McKinlay: Karluk (Köln 1999)

Ergreifend wird Stefanssons Expedition dokumentiert, von der man sonst nichts weiteres liest, als dass Stefansson der fragwürdigste aller Arktis Explorer war. Stefansson kann als der böse Anti-Held der Arktis angesehen werden, der den größten Tabubruch beging, in dem er seine Männer im Stich ließ und sich für eigene Forschungen davon schlicht. Der Isländer Stefansson gilt seitdem als das schwarze Schaf unter den arktischen Helden. Das Buch eines der wenigen Überlebenden dieser Expedition vermittelt einen guten Eindruck des Dramas ohne Bitterkeit.

Tom Wittgen: Eismeerdrift (Berlin 1979)

Wittgen beschreibt die Geschichte der “Jeanette” – der von Stefansson verlassenen Expedition – in Romanform in einem simplen Stil.

Michael Köhlmeier: Spielplatz der Helden (München 1988)

Dieser Roman erzählt aus drei unterschiedlichen Perspektiven der ehemaligen Teilnehmer eine Grönlandexpedition, in die die Liebesgeschichte des Helden eingeschachtelt ist. Der Text ist stilistisch interessant konstruiert und teilweise witzig.

J. Andersen: Packeis und ferne Horizonte (Kopenhagen 2002)

Der Abenteurer Andersen besitzt detaillierte Kenntnisse über die Geschichte der NW-Passage. Der Reisebericht ist gut geschrieben, allerdings stört, dass der Autor immer wieder seine anderen Bücher und Leistungen anführt.

Leosch Schimanel & Cestmir Sebesta: Die Nord-West-Passage (Karlsruhe 2002)

Im Gegensatz zu Andersens Schilderung seiner Kajakfahrt ist dieses Buch der Fahrt mit Segel- und Schlauchboot langatmig. Die Autoren bemühen sich, heldenhaft zu wirken.

T. Jones: Gefangen im Eis (Bielefeld 1983)

Jones besticht dadurch, ein ehrlicher und charmanter Seebär zu sein. Das Buch liest sich amüsant. Allerdings sind historische und allgemeine Fakten – außer wenn sie nautische sind – fast immer falsch wiedergegeben. Man nimmt diesem heldenhaften Seebär das jedoch nicht übel.

Jean-Louis Etienne: Faszination Arktis (München 1990)

Hierbei handelt es sich um den Bericht der Nordpolexpedition des französischen Arztes von 1986 – ein modernes Heldenbuch, das den Werdegang eines heutigen Abenteurers reflektiert.
Ein weiterer moderner Held des Eises ist der Deutsche Arved Fuchs, der wegen seines Streits mit Reinhold Messner, aber auch wegen seiner Heldentaten im Polargebiet viel Beachtung von den Medien erhielt. Seit 1977 führt er Expeditionen in die hohe Arktis durch. Er durchquerte 1983 Grönland mit einem Hundeschlitten. 1989 erreichte er innerhalb eines Jahres zu Fuß den Nord- und Süd-Pol und bezwang zwei Jahre später in dreijähriger Fahrt die Nordwest-Passage – also ein wahrer moderner Held des Eises.

Arved Fuchs: Von Pol zu Pol (Köln 1990)

Jørn Riel: Nicht alle Eisbären halten Winterschlaf (Zürich 2002), Zuviel Glück auf einmal (Zürich 2004), Das Haus meiner Väter (Zürich 2008)

Alle Bücher von Riel habe ich mit Freude gelesen. Dort tummeln sich die Antihelden, die es heute nicht mehr gibt, da Ost-Grönland zum Naturschutzgebiet erklärt wurde. Hier finden der interessierte Leser Trappergeschichten, die äußerst skurril und unterhaltsam sind, wenn auch sehr fantasievoll ausgedacht. Der Autor hat selbst einige Zeit in Ost-Grönland gelebt. Trotz aller Fantasie treffen diese Geschichten den Kern, wie es vor nicht allzu langer Zeit unter den Trappern in der Arktis zuging. Riel verspricht größten Lesespaß.
Last not least sollte noch die weibliche Heldin des Eises erwähnt werden, deren Buch zu den Klassikern der arktischen Literatur gehört und zu Recht immer wieder aufgelegt wurde, da es spannend wie einfühlsam das Traperleben auf Spitzbergen beschreibt.

Christiane Ritter: Eine Frau erlebt die Polarnacht (Frankfurt/M., Berlin 1997)

Die Hitler-Freundin Leni Riefenstahl drehte 1933 den Film “SOS Eisberg” auf Grönland, der in der Tradition der beliebten “Pol-Hörspiele” der Weimarer Republik stand. Knud Rasmussen, der gleichzeitig “Palos Brautfahrt” auf Grönland drehte, war der Schirmherr dieses Filmprojekts. Einer der Helden von Riefenstahls Films ist der berühmte Flieger Ernst Udet, der sich im Film selbst spielt. Erwähnenswert ist neben den wundervollen Landschaftsaufnahmen die dramatische Filmmusik von Paul Dessau.

S.O.S. Eisberg. Arnold Franck. D 1933. 90 Min. Mit Leni Riefenstahl, Gustav Diessl, Ernst Udet.

Die Handlung: Der Forscher J. Brand bricht mit seinen Männern zum Karajak-Gletscher auf, um die Überlebenden einer Expedition zu suchen. Beide Expeditionen treffen sich auf einem Eisberg, der gen Süden treibt. Leni Riefenstahl, die das nationalsozialistische Heldenbild stilisierte, schrieb nach ihren Erfahrungen mit dieser Filmarbeit ein Grönlandbuch, das jedoch heute schwer zugänglich ist.

Leni Riefenstahl: Kampf in Schnee und Eis (Hesse & Becker, Leipzig 1933)

Aufschlussreich in Bezug auf die Eishelden sind auch Helmut Lethens und Cornelia Michelis-Maslochs Aufsätze.

Helmut Lethen: Lob der Kälte. Ein Motiv der historischen Avantgarden. In: D. Kamper und W. van Reijen (Hg.): Moderne versus Postmoderne (Frankfurt/M. 1978), S. 282-324

Cornelia Michelis-Masloch: Die Kälte in der Literatur oder Literatur der Kälte. In: Diagonal. Zeitschrift der Universität-Gesamthochschule-Siegen (Siegen 1991, S. 161-172

Wo Kälte herrscht, ist das Eis nicht fern.

Christine Reinke-Kunze: Die Packeiswaffel (Basel, Berlin 1996)

Die deutsche Journalistin führt unbeachtete Aspekte von Schnee und Eis an, außerdem wird uns der junge Nansen in diesem Buch nahegebracht.

Logbücher
Die veröffentlichen Logbücher von James Cook, einem der größten aller britischen Seehelden, und dem Dichter Adalbert von Chamisso halte ich für unlesbar, was sicher daran liegt, dass sie nicht zu Veröffentlichung gedacht waren. Der Schriftsteller und Finanzier bei Cook war Banks, der später Englands führender Naturwissenschaftler wurde. Er brillierte allerdings nicht durch Schilderungen des hohen Nordens, sondern der sexuellen Freizügigkeit der Insulaner der Südsee. Wäre Cook über die Beringstraße hinausgekommen, hätte Banks auch von hier einiges an Frivolitäten berichten können. Grundsätzlich waren nach Arktisreisen die Tagebücher der Teilnehmer dem Leiter für ein Jahr auszuhändigen, der sich bei seinen Veröffentlichungen aus diesen Tagebüchern großzügig bediente. Bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein war diese Praxis üblich, führte jedoch häufig zu Missstimmigkeiten zwischen Leiter und Mannschaft.

Cook und Adalbert v. Chamisso – Logbücher (unterschiedliche Ausgaben)

Zum Einschlafen langweilig ist das Tagebuch des romantischen Dichters, das er während seiner Expedition in die Arktis unter Kotzebue führte. Die Logbücher von Cook über das Gebiet der Beringstraße sind spannender, aber letztendlich nur für den wirklich Interessierten lesenswert. Wir sind heute literarisch verwöhnt und ein Logbuch zieht nur noch wenig Leser in den Bann.

Edward Belcher: The Last of the Arctic Voyages (2 Bde., London 1855)

Dies ist der Bericht der letzten klassischen Arktis-Expedition auf den Spuren von Franklin – wie Belcher annahm. Es ist ein relativ uninteressantes Logbuch der NW-Passage. Belchers Schiff “Resolute” war 1853/4 vom Eis eingeschlossen worden und hatte sein Schiff aufgegeben. Wegen dieser Fehlentscheidung wurde er vor ein Kriegsgericht gestellt, da man ihm vorwarf, er nächsten Sommer leicht wieder freies Fahrwasser erreichen können. Belcher wurde mit Mühe und Not freigesprochen.

Populäre Romane
Häufig neigt man dazu, auf die sogenannte große Literatur anerkannter Autoren wie Melville, Andersch, Ransmayr, Nadolny und Kollegen zu schauen, um ein Bild der Arktis zu bekommen. Dabei übersieht man, dass gerade die zweit- und drittrangigen Autoren ungebrochener und somit deutlicher die herrschenden Vorurteile und Klischees über die Arktis darbieten.

Audrey Schulman: Die Farben des Eises (Frankfurt/M. 1995)

Ich gebe T. Kastura recht, dieses Buch ist bestenfalls drittklassig. Zum einen ist es platt männerfeindlich und lässt kein Klischee aus, zum anderen ist der Plot altbekannt: die Selbstfindung im Schneesturm. Stilistisch schlecht geschrieben weist es über die Farbe keine wesentlichen Beobachtungen auf, so dass man sagen kann: Thema verfehlt. Dennoch halte ich es für ein interessantes Dokument in bezug auf Klischees über die Arktis. Als Leser hätte ich bei diesem Titel eine Ausführung über die Wahrnehmung der Farbe bei Forschungsreisenden oder den Inuit erwartet. Die Inuit können subtile Töne in der arktischen Landschaft wahrnehmen, wo der Mensch aus südlicheren Breiten einzig einen Graubraunton sieht.

Ian Cameron: Insel am Ende der Welt (München 1984)

Diesen Abenteuerroman finde ich spannender, wenn auch die Geschichte im simplen Stil erzählt wird. Es ist einer der wenigen Arktisromane mit Happy End. Allerdings werden hier die bösen Inuit beschworen und die Idee von Stefansson der blonden Inuit wird kühn verarbeitet. Stefansson nahm an, dass sich Überlebende der Wikingerkultur Grönlands mit Inuit mischten und so einen Stamm blonder, blauäugiger Inuit bildeten. Der amerikanische Ethnologe Diamond Jenness konnte jedoch zeigen, dass hohes Alter, genetische Abweichungen und Schneeblindheit für dieses untypische Aussehen der Inuit verantwortlich ist, die auch Rasmussen auf seiner großen Schlittenreise bei Victoria Island traf.

Die Entdeckung der Inuit

“Die Eskimos werden nirgendwo in der Literatur gewürdigt. Niemand spricht von den Eskimos, die Amundsen beibrachten, wie er die Nordwestpassage überleben würde, oder von den Eskimos, die den Leuten halfen, zum Nordpol zu gelangen, geschweige denn davon, wie all die Walfänger hier durchgefüttert wurden”

Lily Ann, Inuk aus Nunavut

Zunehmend zum Ende des 19. Jahrhunderts werden sich einige Autoren bewusst, dass der hohe Norden bewohnt ist. Einige wenige erkannten, dass die weißen Flecken auf der Karte nur weiß aus der Sicht der dort nicht Wohnenden sind. Knud Rasmussen war einer der frühen Forschungsreisenden, der weniger daran interessiert war, neues Land zu entdecken, sondern mehr an der Kultur und den Geschichten der dort lebenden Inuit. Der amerikanische Ethnologe und Rassentheoretiker Samuel Morton charakterisierte 1839 in seinem viel diskutierten Buch “Crania Americana” die Grönland Eskimos als “gerissen, sinnenfroh, undankbar, stur und gefühllos” und drückte damit die herrschende Meinung der damaligen Zeit aus. Diesem Vorurteil wollte Rasmussen entgegentreten.

Samuel Morton: Crania Americana (Philadelphia 1839)

Seit Mylius und Rasmussen ändert sich langsam das Bild des Inuit als Archetyp des “primitiven” Menschen. Erst heute beginnt man ihn als “normalen Menschen” statt als Exoten zu betrachten. Aber dieses Bild ist zwiespältig: Auf der einen Seite bewundert man die Inuit als natürlich lebendes Volk, das in einer unverfälschten Natur überleben kann, auf der anderen Seite bedauert man die Inuit und speziell die Grönländer, deren Lebensart fast untergegangen ist und die durch Einfluss der südlicheren Völker zu Alkoholismus, Kriminalität, Gewalt und Inzest getrieben wurden. Allerdings ist der Niedergang der Inuit in Alaska und Sibirien noch dramatischer als jener der grönländischen Inuitkultur. Auf das Elend der Inuit des arktischen Kanadas machten 1952 die beiden Veröffentlichungen “People of the Deer” von Farley Mowat und “The Face of the Arctic” von Richard Harrington die Weltöffentlichkeit aufmerksam. Diese Bücher lösten politische Diskussionen aus, die die kanadische Regierung zwangen, das Los der Inuit zu verbessern. Letztendlich führten sie 1999 zur Gründung von Nunavut (was “unser Land” in Inuktitut bedeutet) als Inuit-Bundesstaat Kanadas. Anfang Juni 2008 entschuldigte sich offiziell der kanadische Premier Stephen Harper bei den Inuit für “die Gewalt gegen sie im Namen des Guten”, womit er auf die Zwangsassimilierung ansprach, mit der die alte Inuit-Kultur ihr Ende fand.
Seit 1977 haben sich die polaren Völker in der Inuit Circumpolar Conference zusammengeschlossen, um ihre politischen Interessen besser durchsetzen zu können.

Den besten Überblick über das Leben der Inuit bietet

Jean Malaurie: Der Ruf des Nordens. Auf den Spuren der Inuit (München 2001)

Der alte Herr der französischen Inuit-Forschung betrachtet in diesem umfangreichen Werk alle polaren Ureinwohner bis heute. Er zeichnet kein romantisches Bild dieser Menschen und ist damit Rasmussen vergleichbar. Das Buch weist informative und berührende Fotos auf.
Über die Geschichte der Inuit informiert sich der Interessierte am besten bei

Hans-Georg Bandi: Urgeschichte der Eskimo (Stuttgart 1965)

oder bei der umfangreichen Darstellung der Geschichte, Mythen und des Alltagslebens der Inuit von Wally Herbert, die mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet wurde, aber auch für jeden Erwachsenen mit Gewinn zu lesen ist.

Wally Herbert: Eskimos (Wien, Esslingen 1976)

Die Märchen, Sagen und Mythen der Inuit sind wie die aller Völker von deren äußeren Lebensraum geprägt. Im Gegensatz zu bäuerlichen Gesellschaften, die die Natur domestizieren, sind die Jäger der Inuit darauf angewiesen, was die Natur ihnen anbietet. Insofern sind die polaren Mythen und Märchen vom Respekt gegenüber der Natur geprägt und die Grenzen zwischen Tier und Mensch sind oft fließend. Schon Plinius d.Ä. wusste, dass die Bewohner der Arktis wunderbare Geschichten von Generation zu Generation weitergeben.

Heinz Barüske: Märchen der Eskimo (Frankfurt/M. 1973)

Auffallend bei den Märchen, die ursprünglich nur erzählt und nicht niedergeschrieben wurden , ist die häufige Präsenz der Sexualität. Sie wird offen beschrieben, es werden Zoten gerissen und auch ungewöhnlichere Sexualpraktiken wie Sodomie kommen immer wieder in den Märchen vor. Im Märchen präsentiert sich die Welt der Inuit als von Jagd und Sex bestimmt (wie auch in den Filmen “Palos Brautfahrt” von Rasmussen und “Atarnarjuat” von Zacharias Kunuk). Der westliche Held in Harris Roman “Der lange Winter am Ende der Welt” vergleicht das Geschichtenerzählen der Inuit mit dem Kino in der westlichen Welt.

Ina Vandewijer: Anana – Eine Inuit-Legende (München, Zürich 2002)

Die flämische Autorin schildert die Entwicklung eines Mädchens, das im Norden Alaskas als Junge aufwächst, ihre Weiblichkeit entdeckt und zur Schamanin wird. Es ist ein schön erzähltes und illustriertes Buch.

Mythen der Menschheit (Arktis). Die Geister der Schneefelder (Amsterdam 1999)

Dieses Time Life Buch besticht durch seine Bebilderung.
Wenn auch die Mythen und Sagas der Isländer zumindest auf Grönland einen geringen Einfluss während der Besiedlung durch die Nordmänner gehabt haben, gab es keine Wechselbeziehung zwischen isländischen und Inuit Erzählungen, was damit zu erklären ist, dass beide Völker sich nicht mischten.

Über Grönland und Knud Rasmussen
Wer sich über die Grönländer informieren möchte, wird auf Knud Rasmussen stoßen, der mit Peter Freuchen eine Handelsstation in Thule (NW-Grönland) gründete, deren Einnahmen er benutzte, seine berühmten Thule-Expeditionen zu finanzieren. Rasmussen, der halb Inuit war, interessierte sich hauptsächlich für die untergehende Kultur der Inuit, die er zu dokumentieren versuchte. Bereits über vierzig Jahr zuvor machte Fridtjof Nansen die Mitteleuropäer durch sein Buch “Auf Skiern durch Grönland. Eskimoleben” auf den Untergang dieser Inuit-Kultur aufmerksam. 1927 beschrieb der Kulturanthropologe Kaj Birket-Smith umfassend die grönländische Kultur in seinem Buch “Eskimoerne”. Solch umfangreiche ethnologische und anthropologische Arbeiten pflegen stets dann zu erscheinen, wenn das studierte Objekt vom Aussterben bedroht ist.
Nansen und Rasmussen prägten maßgeblich unser mitteleuropäisches Bild des Grönländers, wenn es auch Rasmussen war, der das mitteleuropäische Bild vom friedfertigen Grönländer zurechtrückte, indem er über die Morde unter den Inuit Ostgrönlands berichtete, bei denen die Leichen zerstückelt und das Herz der Getöteten verspeist wurde, damit die Geister des Gemordeten nicht den Mörder heimsuchten. An solchen Morden an Grönländern, “die es verdient haben”, war der Schamane Autdârutâ beteiligt, der nach seiner Bekehrung zum Christentum Christian genannt und zeitweise ein Gefährte von Rasmussen wurde.

Knud Rasmussen: Der Sängerkrieg (Berlin 1922, unveränderter Nachdruck, Berlin 2001)

Dieses Buch ist ein Klassiker, aus dem viele Bücher schöpfen, die Mythen und Sagen der Inuit veröffentlichen. In der Ichform werden Märchen und Mythen aus Grönland erzählt. Die naiv wirkenden Illustrationen des Buchs von dem Inuit Kârale geben weitgehend Geister wieder. Im Vorwort betont Rasmussen, dass die Inuit diese Erzählungen für “absolut wahr” halten. Rasmussen war der erste, der diese zuvor nur mündlich vorgetragenen Mythen niederschrieb.

Knud Rasmussen: Die Gabe des Adlers (Frankfurt/M. 1937, unveränderter Nachdruck, Berlin 1996)

Dieser Band ist eine Sammlung von Mythen der Inuit aus Alaska, bei denen es einige Übereinstimmungen mit denen der Grönländer gibt.

Knud Rasmussen: Die große Schlittenreise (Kopenhagen 1933, dtsch. Essen 1944)

In diesem Buch mit einem ausführlichen, informativen Vorwort seiner Übersetzerin Aenne Schmücker beschreibt Rasmussen die längste Schlittenreise (über 30.000 km), die bislang unternommen wurde. Rasmussen erforschte auf dieser Fahrt die idigene Bevölkerung von West-Grönland, dem arktischen Kanada und in Alaska. Diese Schrift ist das umfangreichste Dokument der weitgehend untergegangenen der Inuit.

Knud Rasmussen: Tagebücher (Kopenhagen 1915, dänische Ausgabe)

Tagebücher von Knud Rasmussen wurden 2006 von Zacharias Kunuk und Norman Cohn unter dem Titel “The Journals of Knud Rasmussen” verfilmt (2008 war die Premiere). Dieser Film behandelt die 5. Thule-Expedition von Rasmussen und damit eine Zeit, als der Schamanismus durch das Christentum verdrängt worden war, was Rasmussen sehr beklagte.
Rasmussen filmte auch selbst auf seinen Expeditionen, um das Leben der Inuit zu dokumentieren. Dies hatte er von dem Eskimologe William Thalbitzer übernommen, der 1906 und 1914 in Grönland filmte, dessen Bild des Grönländers jedoch weit von dem des “edlen Wilden”, das Nansen und Rasmussen entwarfen. Thalbitzer arbeitete als Ethnologe in dem Gebiet von Angmagssalik, wo auch Rasmussen später die Mythen sammelte, die er in “Der Sängerkrieg” dokumentierte.

Palos Brautfahrt, Film von Knud Rasmussen, Regie: Friedrich Dalsheim, DK 1933, etwa 80 Min.

“Palos Brautfahrt” ist ein einzigartiges Dokument der Kultur und Natur Grönlands mit berauschenden Naturaufnahmen in Schwarz-Weiß. Dieser Film, der auf Rasmussens 7. Thule-Expedition entstand, versucht zugleich Dokumentarfilm und Spielfilm zu sein, der mit ethnografischen Blick gefilmt wurde. Durch diese Mischung zwischen fiktiver Spielfilmhandlung und ethnografischer Arbeit schuf Rasmussen maßgeblich das Bild vom unschuldigen und zugleich unzivilisierten Grönländer, auf den der Mitteleuropäer nur zu leicht all das projizieren kann, was in der modernen Welt verloren ging. Auf diese Weise verwandelt sich der Inuit in ein Traumbild.

Knud Rasmussen: Reiseleben und Die Gabe des Adlers (Berlin 1996)

Dieses Buch dokumentiert Mythen der Inuit aus Alaska.

Peter Freuchen: Eskimo (London 1932)

Dieser Roman des Begleiters und Freundes von Rasmussen besticht wegen seiner Authentizität und ist eingängig geschrieben. Wer sich über das ungewöhnliche Leben des grönländischen Nationalhelden Rasmussen informieren möchte, der findet in Bauers Buch nicht nur die wesentlichen Informationen, sondern auch dokumentarische Fotografien.

Hans Bauer: Ein Leben für die Eskimo (Leipzig 1965)

Im ihrem Jugendbuch portraitiert Düngel-Gilles Rasmussen als Helden der Inuit.

Liselotte Düngel-Gilles: Knud Rasmussen (München 1964)

Aage Gilberg: Mit Lisbeth nach Thule (Essen 1941)

Eine dänischer Arzt unternimmt seine Hochzeitsreise nach Grönland und berichtet voller Einfühlungsvermögen über die Inuit. Da sich der Autor weder als Forscher noch als Abenteurer versteht, kann er liebevoll seine Begegnungen beschreiben, ohne eine störende Distanz im Namen der Objektivität aufrechterhalten zu müssen. An diesen Beschreibungen des Lebens der Polar-Inuit wird deren großer Unterschied zu den weitaus mehr “verwestlichen” und somit verelendeten Inuit im südlicheren Grönland deutlich.

M. Harbsmeier: Stimmen aus dem äußersten Norden (Stuttgart 2001)

Das ist eine gründlich recherchierte wissenschaftliche Arbeit, die sich einem Thema annimmt, das fast keiner differenziert betrachtete: die Entführung von Inuit nach Europa. Aus diesem Buch lernt man viel über die Missionierung Grönlands, deren Auswirkungen (die Rasmussen als verheerend ansah) und deren ideologischen Hintergründe. Obwohl es eine wissenschaftliche Arbeit ist, liest sich das Buch gut.
Schon frühste Reisende wie Martin Frobisher entführten eine Inuitfamilie, die er Königin Elisabeth I. als Geschenk übergab. Diese Inuit überlebten nur kurz.
In Deutschland stellte 1878 der Tierhändler und spätere Zoodirektor Carl Hagenbeck eine Gruppe Grönländer im Berliner Zoo aus und rückte damit die Inuit in die Nähe der Tiere.
Auch Amundsen brachte zwei Tschuktschen nach Norwegen. Er adoptierte die beiden Mädchen Kakonita und Camilla, die er zu sich nach Uranienborg (sein Haus in Svartskog am Bunnefjord, umweit von Kristiania) mitnahm, wo sie jahrelang eine gute Erziehung genossen, ehe der gestresste Forscher sie wieder “nach Hause” schickte. Hatte Camilla bei ihrer Familie Carpendale in Nome noch ein zu Hause, traf dies für die jüngere Kakonita nicht zu. Aber auch sie wurde zur Familie Carpendale zurückgesandt, die wegen ökonomischer Schwierigkeiten mit beiden Kindern später nach Seattle zog. Kritiker führten sicherlich zurecht an, Amundsen hätte “seine beiden Eskimomädchen” aus Prestigegründen aufgenommen. Der Forschungsreisende selbst rechtfertigte sich, dass sein Zusammenleben mit den beiden Kindern ein Experiment gewesen sei, um die Lernfähigkeit der Tschuktschenkinder zu zeigen. Im Vergleich zu anderen entführten Inuit ging es jedoch Kakonita und Camilla im Hause Amundsen gut, da der Hausherr den Hauch des Familienlebens genoss. “Amundsens beide Eskimomädchen”, wie sie in der Presse genannt wurden, waren jedoch eine einzigartige Ausnahme unter den Inuit, die in südlichere Länder gebracht wurden.
Der Normalfall wurde am Beispiel der Geschichte von Minik verfilmt und in dem Buch über den “Eskimo von New York” dargestellt.

Ken Harper: Minik – Der Eskimo von New York (München, Zürich 2001)

Minik. Film von Axel Engstfeld. D 2005. 80 Min. Mit Anuu Jin Boldsaikhan, Zdenek Stepanek. Im Herbst 1897 bringt der geschäftstüchtige Robert Peary von seiner Grönlandexpedition fünf Inuit in die USA, welche die anthropologische Abteilung des American Museum of Natural History bei ihm bestellt hatte. In kurzer Zeit sterben die Inuit bis auf Minik, der zwölf Jahre in den USA verbringen muss, bis er wieder nach Grönland zurückkehrt.
Diese wahre Geschichte versuchten die Amerikaner mit aller Macht geheim zu halten, was die Filmarbeit äußerst erschwerte. Das Buch über Minik weist eine Fülle dokumentarischer Fotos auf und ist hervorragend recherchiert. Es belegt ferner, dass Peary wenig für die Wissenschaft, aber viel für seine persönliche Bereicherung unternahm. Als Reaktion auf Pearys Ausbeutung der Polarinuit gründet Knud Rasmussen zusammen mit Peter Freuchen seine Thule Handelsgesellschaft, um den Inuit eine gerechte Handelsmöglichkeit zu bieten. Freuchen und Rasmussen lebten mit den in seine Heimat zurückgekehrten Minik eine Zeit lang in dieser Handelsstation zusammen, wovon Freuchen in seinem Roman “Ivalu” (Berlin 1931) berichtet. Minik war das Faktotum dieser Handelsstation.
Dem Inuit, der sich in der Kultur südlicherer Zivilisationen zurechtfinden muss, behandelte bereits, wenn auch komödiantisch, der Film “Eskimobaby”.

Eskimobaby, Film von Walter Schmidthässler, D/DK 1916 (deutshe Premiere Berlin 1918).

Der Grönlandforscher Knud (man beachte die Namensverwandtschaft zu Rasmussen) bringt die Eskimofrau Ivigtut, in die er sich verliebt hat, mit nach Europa, wo sie sich aus Sicht der dortigen Gesellschaft ständig “daneben” benimmt. Knud Rasmussen hatte einige Jahre zuvor tatsächlich einen Grönländer, Osarkrak, mit nach Kopenhagen gebracht, über den ähnliche Kulturkontakt-Geschichten kursierten, wie sie dieser Film erzählt.

Høegs Fräulein Smillas Gespür für Schnee (München 1994)

Dieses Buch war ein Weltbestseller, dessen Ende ich für misslungen, ja geradezu klamaukhaft halte. Der Beginn des krimihaften Romans gefällt mir, aber dann fällt er stark ab. Durch seine Verfilmung wurde ein breiteres Interesse an Grönland geweckt.

Francois Lelord: Durcheinander der Liebe (München 2008)

Diesen Roman des französischen Bestsellerautors finde ich äußerst lesenswert und amüsant. Er schildert aus der Sicht eines Inuit das Sexualverhalten der Europäer.

Jørn Riel: Vor dem Morgen (Zürich 2007)

Der Däne J. Riel, der für seine skurrilen Geschichten bekannt ist, schildert in diesem Buch ergreifend den Niedergang einer Inuit-Siedlung und Gruppe auf Grönland. Die Handlung spielt in der Mitte des 19. Jahrhundert. Dieses Buch wurde gerade verfilmt unter dem Titel.

Before tomorrow. Regie: Marie-Hélène Cosineau und Madeline Ivalu, Kanada 2008

Andere polare Gruppen
Über die Tschuktschen (NO-Sibirien) und deren Leben schrieb der tschuktschische Autor Rytcheu einige informative Romane, die in deutscher Sprache im Züricher Unionsverlag vorliegen.

Juri Rytcheu: Die Suche nach der letzten Zahl (Zürich 1997)

In diesem Roman beschreibt Rytcheu wie Amundsen 1918 vor der tschuktschischen Küste überwintert und dort auf die einheimischen Jäger stößt.
Ebenfalls im Unionsverlag erschien 2008 das Gesamtwerk des kirgisischen Autors Tschingis Aitmatow zu seinem achtzigten Geburtstag, den er jedoch nicht mehr erlebte.

Tschingis Aitmatow: Scheckiger Hund, der am Meer entlangläuft (Berlin, Weimar 1980, nun Zürich 2008)

Die rührende Geschichte spielt im Boot von Robbenfängern im Ochotskischen Meer.
Über das Volk und die Legenden der Athabasken schreibt die 1960 in Alaska geborene Velma Wallis, die selbst jahrelang als Trapperin in traditioneller Art der Athabasken lebte.

Velma Wallis: Zwei alte Frauen (München 1999)

Sie beschreibt, wie in einer Hungersnot der Stamm zwei alte Frauen zurücklässt und diese um ihr Überleben kämpfen. Hatte der Pelzhandel zunächst einigen arktischen Völkern in Kanada und Sibirien zu einem bescheidenen, aber nie zuvor gekannten Reichtum verholfen, war jedoch seine langfristige Auswirkung verheerend. Innerhalb einer Generation verlernten die Angehörigen dieser Völker ihren traditionellen Robben- und Walfang. Als die Nachfrage nach Pelzen stark abnahm, waren sie nicht mehr in der Lage, sich durch ihre traditionelle Jagd zu ernähren und es brachen in diesen Gebieten Hungersnöte aus.
Ferner schrieb Velma Wallis den Roman vom Vogelmädchen, in dem sie die Legenden ihres Volkes unterhaltsam verarbeitet.

Velma Wallis: Das Vogelmädchen und der Mann, der der Sonne folgte (München, Zürich 1997)

Olga Kharitiri: Das weiße Land der Seele (München 1996)

Diesen Roman über nordsibirischen Schamanismus fand ich spannend zu lesen. Er berührt luzides Träumen und schamanistische Techniken, die unkitschig beschrieben werden. Die Autorin behauptet, es handele sich um eine wahre Geschichte. Über die heutige Inuit-Kultur an der Nordwest-Passage schrieb der amerikanische Autor Jonathan Watermann ausführlich in dem Buch seiner Soloexpedition mit Boot und Hundeschlitten in deren Gebiet. Wer die Inuit romantisiert, für den ist dieses realistische Buch die beste Medizin. Außerdem entgeht dieser Abenteurer im Gegensatz zu vielen National Geographic Autoren der Peinlichkeit, sich ständig selbst zu loben.

Jonathan Waterman: Das Licht der Arktis (München 2003)

Der gut informierte Autor stellt ungeschönt die sozialen Probleme der Inuit wie Alkoholismus, Inzest, Vergewaltigung, Mord und die hohe Selbstmordrate bei Jugendlichen weitgehend als Ergebnis einer verfehlten Politik dar. Er schildert ein Maß an Armut und Verzweiflung, das die meisten Bücher über diese Kultur ausblenden. Er verschweigt auch nicht, dass in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts viele Missbrauchsfälle von Angehörigen der römisch-katholischen Kirche verübt wurden, weswegen die katholische Kirche bei den Inuit fast keine Rolle mehr spielt.

Der exklusive Ort jenseits der Massen

“Heutzutage ist es ein Handwerk, Forschungsreisender zu sein; ein Handwerk, das nicht, wie man meinen könnte, darin besteht, nach vielen Jahren intensiven Studiums bislang unbekannte Tatsachen zu entdecken, sondern eine Vielzahl von Kilometern zu durchrasen und – möglichst farbige – Bilder oder Filme anzusammeln …”

Claude Lévi-Strauss, Traurige Tropen

Je schwieriger ein Ort zu bereisen ist, desto attraktiver erscheint er. Einer zu bequem geordneten Welt scheint man durch das Abenteuer zu entkommen. Dies kann kein Massentourismus in die Sonne bieten. Dazu kommt, dass im Norden die Klarheit gesucht wird, die stets mit der Kälte assoziiert wird. So ist der Werbeslogan Grönlands klug gewählt “the coolest place on earth”. Zugleich ist der postmoderne Traum vom Norden mit dem Abenteuer der Zeitreise verbunden. Wir reisen vorwärts in die Vergangenheit, in eine Landschaft, in der sich eine Eiszeit zurückzuziehen scheint, also in die Urzeit. Das wird mit Einfachheit, eben mit jener Klarheit verbunden, der das “knitty gritty” der modernen, bis ins Detail geregelten Massengesellschaft fremd ist. Insofern ist der Traum vom Norden einer der Flucht in die Freiheit, weg von der Vermassung hin zur Selbstbestimmung, die allerdings durch die Natur begrenzt wird.
Immer noch wirken Pytheas und Brendan in uns, die uns den Nordens als Tor zur Anderswelt wahrnehmen lassen. Das wird gemischt, mit der Vorstellung des romantischen Helden, der wie ein kleiner Amundsen (fast) auf sich gestellt, in der Auseinandersetzung mit der Natur wächst. In Konfrontation mit der Großartigkeit der Natur hofft man selbst großartig zu werden. Und ich frage mich, ob dieser Traum vom Norden nicht ein zutiefst asozialer und elitärer ist, in dem unsere menschenscheuen Tendenzen die Oberhand gewinnen.
Man läuft stets Gefahr, sich bei verblödenden Vereinfachungen zu erwischen: Natur ist gut, Kultur ist böse. Die Realität der Arktis ist vielmehr, dass sie fast nur in einer Gruppe zu bereisen ist, bei der jeder auf den anderen angewiesen ist. Gerade im Eis sind soziale Qualitäten gefragt, auch wenn ich öfter auf meinen Arktisreisen hörte: “Es ist großartig, aber toller wäre es, allein hier zu sein.” Auf der Eisbär-Postkarte wird man schwerlich ein “wish you were here” lesen. Wenn man beim Traum vom Norden den Menschen entkommen will, dann speziell den Frauen. Walfänger, Abenteurer, Jäger und Forscher, die es in den Norden zog, waren stets Männer. Zum Norden wurde und wird niemals weiblich assoziiert . Der Norden bleibt der Ort, an dem der Mann sich bewährt.

Geo Special, Nordmeer (Hamburg 1996)

Dieses Heft bietet einen guten Überblick über die Nordpolargebiete heute (allerdings ohne Jan Mayen) und weist im Stil von “Geo” atemberaubende Fotos auf.

Jan Mayen

Manfred Hausmann: Bis nördlich von Jan Mayen (Neukirchen-Vluyn 1978)

Ein erstaunlich langweiliges Buch, in dem man wenig über die Gegend lernt.

Eiszeit (Anthologie s.o.)

Die Jan Mayen Story von T. Kastura finde ich einen gelungenen, unterhaltsamen kleinen fiktiven Text über das Leben in der Wetterstation auf diesem Minikontinent.

Jörgen Berggrav: Jan Mayen (Bodø 2005)

Dies ist das schönste mir bekannte Buch über Jan Mayen vom früheren Leiter der Station auf dieser Vulkaninsel. Die Texte sind zweisprachig (norwegisch und englisch) und führen hervorragend in alle Aspekte dieser Insel ein, was mit ausnehmend schönen Fotos unterstützt wird.

Rolf Stange: Jan Mayen (Eigenverlag Dortmund 2006)

Hierbei handelt es sich um einen Reiseführer eines deutschen Geografen, der als Expeditionsleiter arbeitet. Das Buch gibt einen guten Überblick über alle Aspekte dieser Vulkaninsel.

Grönland

Ingeborg Engelhardt: Ein Schiff nach Grönland (Hamburg 1988)

Dieses informative Jugendbuch erhielt 1962 den deutschen Jugendliteraturpreis. Es schildert Ähnliches wie die zuvor genannte Jane Smiley in ihren Buch “Grönland-Saga”.

Spitzbergen
Spitzbergen ist jenes Inselarchipel im Eismeer, das bis in die Neuzeit unbesiedelt blieb. Es wurde zwar von Walfängern und Jägern für kurze Zeit angesteuert, aber bis ins zwanzigste Jahrhundert, als es Norwegen zugesprochen wurde, nie dauerhaft besiedelt. Heute gilt es als ein beliebter Ausgangspunkt für Reisen in die Hohe Arktis, da es durch den Flugplatz in Longyearbyen leicht erreichbar ist. Nirgendwo sonst auf der Nordhalbkugel kommt man so einfach in derart hohe Breiten. Thema der Literatur über dieses Inselarchipel ist so häufig der Expeditionstourismus.

Anne Ragde: Mord in Spitzbergen (München 1998)

Als Krimi fehlt diesem Buch, das auf einer Kreuzfahrt spielt, etwas Wesentliches, nämlich ein überzeugender Spannungsaufbau. Sehr treffend wird jedoch die Stimmung auf einem Expeditionsreise-Schiff beschrieben. Ein großer Erfolg im Jugendbuch waren die Bücher von Pullmann, die im Original unter dem Titel “Northern Light” herauskamen.

Phillip Pullman: Der goldene Kompass (Hamburg 1996)

Dieses Buch ist der erste Band der Trilogie, eine fantastische Geschichte, die auf Spitzbergen spielt.
Zu erwähnen wären noch die beiden Reiseführer:

Andreas Umbreit: Spitzbergen-Handbuch (Kiel 1996)

Dies ist ein häufig wieder aufgelegter Reisführer über das Inselarchipel im Eismeer, ebenso wie Stanges Buch.

Rolf Stange: Spitzbergen – Svalbard (Eigenverlag Dortmund 2007)

Reiseberichte:

Louis Beyens: Arktische Passionen (München 2000)

Ein moderner, gut lesbarer Reisebericht eines Biologen, der einige Gegenden der Hoch-Arktis kenntnisreich beschreibt

Hans-Otto Meissner: Im Zauber des Nordlichts (Gütersloh o.J.)

Meissner berichtet über seine Reisen in unterschiedliche Gebiete des hohen Nordens. Er lebte und jagte mit Einheimischen, berichtet über kulturelle, soziale und politische Verhältnisse in Spitzbergen, Grönland, Neufundland, Alaska und auf Sachalin. Das Buch weist viele Fotos auf und ein lesenswertes Kapitel über die Bezwingung der NO-Passage.

R. Ullrich: Skizzen aus der Nordost-Passage (Hamburg 2004)

Dieses Tagebuch des Malers ist wunderschön und das von vorn bis hinten. Text und Bilder passen harmonisch zusammen. Es ist eines meiner liebsten Arktisbücher.
Arved Fuchs, der Expeditionsleiter dieser Reise, veröffentlichte ein Jahr zuvor sein Buch dieser Reise, das informativ und anschaulich mit Fotografien bebildert ist.

Arved Fuchs: Kälter als Eis (Bielefeld 2003)

T. Kastura: Flucht ins Eis (Berlin 2000)

Kastura kommt mir wie der deutsche “Eis-Streber” vor, der alles gelesen und zu allem eine Meinung hat. Wer sich in der Arktis-Literatur auskennt, der sieht, dass im Grunde Kasturas Idee nicht so originell sind. 1995 veröffentlichte z.B. Tor Bomann-Larsen seine hervorragende Amundsen-Biografie, in der man vergleichbare Kritikansätze findet. Dennoch gebe ich Kastura in vielem recht. Er ist einer der wenigen – außer Nansen, Laurens van der Post “The Hunter And The Whale” und Lopez – der über die Arktis jenseits der gängigen Klischees philosophiert.
Schon 1998 untersuchte der deutsche Sozialwissenschaftler Claus Leggewie (Universität Gießen), was Menschen am Abenteuer anzieht. Er betrachtet dabei auch Polarforscher wie Sir Ernest Shackleton. Einen Abriss seiner Arbeit stellt er in einem Geo-Artikel dar.

Claus Leggewie: Und ewig lockt das Abenteuer. In: Geo Nr. 10, Oktober 1998, S.132-138

Leggewie stellt den Helden als elitäre Figur dar, die von Rivalität angespornt wird (wie wir es von Amundsen und Scott kennen).Wie Sigmund Freud schon bemerkte, will der Held das alleine erreichen, wozu selbst die Gruppe nur schwer in der Lage wäre. Solche Helden brachte vorzüglich die viktorianische Epoche der angelsächsischen Welt hervor. Sie züchtete den extremen Individualismus in einer langweiligen Gesellschaft der Herrschaft des Alltäglichen. Im Sozialstaat heute, in dem Menschen versprochen wird, dass Versicherungen das Leben risikofrei halten, wird das Heldenbild mediengerecht vermarktet, auf dass zumindest im Fernseh- oder Kinosessel etwas vom Schauer zu spüren ist.
Für die Inuit ist der Held eine zwiespältige Figur und entspricht häufig dem, was C.G. Jung als Trickster beschreibt.

Thriller

H. Innes: The White South (London 1949)

über antarktischen Walfang und The Blue Ice (Glasgow 1986) über arktischen Walfang. Innes war der einer der erfolgreichsten Autoren Englands im Bereich Spannungsliteratur.

M. Cruz Smith: Polar Star (Glasgow 1989)

Dies ist drittklassische main-stream-Literatur über den Fischfang in der Bering See, die sich bemüht, reißerisch zu wirken.

Alistair MacLean: Nacht ohne Ende (Toronto 1959)

Das Buch handelt von einem Flugzeugabsturz in der Arktis durch Erschießen des Pilots und der Rettung der Überlebenden auf einer Forschungsstation. Wie “Polar Star” ist es effekthaschend reißerisch geschrieben.

Giles Blunt: Blutiges Eis (München 2005)

Dies ist ein Krimi nach gewöhnlichem Strickmuster, der Nord-Kanada spielt, wo CIA und kanadischer Geheimdienst eine Rolle spielen.

J. Rollins: Mission Arktis (Berlin 2006)

Sehen wir davon ab, dass dies wie “Polar Star” ein Buch des kalten Kriegs ist, in dem die Russen klischeehaft die Bösen sind, ist es doch gut und spannend geschrieben. Die Geschichte ist gut erfunden – ich glaube keineswegs, dass sie echt ist, wie der Autor betont.

Clive Cussler: Eisberg (München 1978)

Wie in “Mission Arktis” wird auch in diesem Spionageroman die Idee aufgenommen, dass in einem Eisberg etwas eingefroren ist. Ist es bei “Mission Arktis” eine verlassene russische Forschungsstation, so handelt es sich hier um ein Schiff. Dieser Roman ist ein Action-Thriller, der nach dem üblichen Muster gestrickt ist und stilistisch erhebliche Mängel aufweist.

L. Henriksen: Bleich wie der Schnee (München 2004)

Dieser hoch gelobte Roman ist spannend und stilistisch gekonnt geschrieben. Wie in allen nordischen Krimis und überhaupt in der nordischen Literatur – z.B. bei Hamsun und selbst bei H. Wassmo, obwohl es bei ihr auch Szenen voller Lebensfreude gibt – werden depressive Charaktere und Gewalt beschrieben. Dieser Roman von Hendriksen wurde von der Kritik mit Annie Proulx verglichen. Ich jedoch finde “Schiffsmeldungen” epischer und nicht so psychologisch wie dieser Norwegen-Krimi.

Cecilie Enger: Das kalte Licht des Nordens (Hamburg 1998)

Ein weiterer norwegischer Roman, der in der europäischen Arktis (Finnmark) spielt. Das Thema ist eine Frauenfreundschaft und die übliche Wendung in arktischen Romanen darf nicht fehlen: im Schneesturm kommt die Läuterung und Verbindung der Hauptpersonen.

Willem Frederic Hermans: Nie mehr schlafen (Köln 2002)

Dieses Buch des führenden niederländischen Autors wurde von der Kritik hoch gelobt. Es weist einige philosophische Stellen auf und es ist ein Arktisroman ohne Arktisklischees. Ich hadere etwas mit dem Stil (wahrscheinlich auch, weil das Buch als Klassiker gilt). Es gleitet mir zu oft in die Umgangssprache ab. Sehr treffend wird die Wissenschaftlerszene beschrieben. Die Hauptperson ist brillant psychologisch konzipiert.

Klaus Böldl: Studie in Kristallbildung (Frankfurt/M. 1997)

Der Roman spielt in Ostgrönland, wurde von M. Reich-Ranicki hochgelobt. Ausführliche Beschreibungen schaffen eine genuine arktische Stimmung.

Eine umfangreiche Bibliografie der Bücher der Polargebiete findet der interessierte Leser in der “Polarbibliothek” der Universität Bonn, die ein Bestandteil des Polar-Labors ist.
http://www2.kah-bonn.de/bibliothek/studiolo/polarbibliothek.pdf
Diese Website listet auf über dreißig Seiten Titel zum Thema Polargebiete auf.

© Klausbernd Vollmar, Cley/Norfolk/UK 2008
No part may be stored or reproduced by any process without prior written permission. Enquiries should be made to mail@kbvollmar.de

Die in diesem Essay erarbeiteten Gedanken sind geistiges Eigentum des Autors Klausbernd Vollmar und unterliegen den geltenden Urheberrechtsgesetzen. Die ganze oder teilweise Vervielfältigung sowie jede Weitergabe an Dritte ist nicht gestattet.

13 thoughts

  1. Gerade veröffentlichte der Schweizer Unionsverlag die deutsche Ausgabe von Fergus Fleming „Barrow`s Boys“, eines der besten Werke, das über die Entdeckungsreisen zwischen 1816 und Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts berichtet. Die unglaublichen Geschichten von wahrem Heldenmut und bravourösen Scheitern, von atemberaubender Selbstüberschätzung, Fanatismus und Starrsinn speziell bei der Suche nach der Nordwestpassage werden detailreich dargestellt und im Gegensatz zu anderen Veröffentlichungen über diese Expeditionen von der Politik eines Mannes her, nämlich John Barrow, erklärt. Obwohl Barrow als Zweiter Sekretär der Admiralität sturer Bürokrat war, verführte er Männer wie den Amateur William Edward Parry, die Brüder James und John Ross, den Volkshelden John Franklin, den Versager Edward Belcher, der dennoch hoch geehrt wurde, und viele andere die Nordwestpassage zu erkunden, von der der kenntnisreiche William Scoresby wie später auch deren erster Bezwinger Roald Amundsen überzeugt waren, dass sie keinen wirtschaftlichen Nutzen brächte. – Wer sich für die Expeditionsgeschichte des 19. Jh. interessiert, für den ist dieses Buch eine Fundgrube, das die Intrigen hinter den Kulissen der letzten großen Expeditionen beschreibt.
    Liebe Grüße vom Lehnstuhlexplorer Klausbernd und den BuchFeen Siri und Selma

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  2. Ich las gerade Dan Browns „Deception Point“ (dtsch. „Meteor“), ein Buch, das er zwei Jahre vor „Da Vinci Code“ veröffentlichte. Dieses Buch spielt zu einem großen Teil in der Arktis (Ellesmere Insel, Hoch Arktis). Freilich ist Brown ein Unterhaltungsschriftsteller, der stets nach dem gleichen Grundmuster schreibt, was schon der amerikanische Autor Jeffrey Eugenides kritisierte. Wie auch in seinen späteren Welterfolgen erzählt er in einem atemberaubenden Tempo ohne literarische Finessen und der Leser bekommt leider nur am Rande Informationen über das Leben von Forschern auf einem Eisschelf. Dennoch – oh dear! – ich fand es spannend.
    Liebe Grüße vom Master und den Buchfeen Siri und Selma

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  3. Pingback: Inuit in Film, Klausbernd Vollmar | The World according to Dina

    • Sorry, that I am answering after such a long time and, oh dear, I have no excuse. Nevertheless THANK YOU
      Well, NE-Greenland is breathtaking and the literature about those heroes as well.
      Have a great weekend
      Klausbernd 🙂

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  4. Auch dir herzlichen Dank! Naja, ich liebe die Arktis und das schon seit meiner Kindheit, als ich wie Freuds Kinder Nansens “In Nacht und Eis” statt Grimms Märchen vorgelesen bekam, außerdem besaß meine Großmutter eine riesige Bibliothek voller Bücher der Eishelden und über den Walfang. Ich habe das immer an Melville bewundert, wie viel er z.B. über den Walfang gesammelt hatte – und ganz im Geheimen, psssst, nicht weitersagen, ich schreibe an einem Roman, der teilweise in der Arktis spielt und das ist ein kleiner Auszug meiner Recherchen.
    Liebe Grüße von der stürmischen See
    Klausbernd 🙂

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  5. Lieber Klausbernd,
    jetzt habe ich einige Bücher von den vorgestellten durchblättert, mehr Zeit hatte ich leider nicht. Eine echt gute Auswahl. Wie mir scheint, hast du viele davon in deiner Bibliothek stehen. Wir haben hier auch eine gute Bibliothek über Eisliteratur im Arktischen Museum in Longyearbyen. Aber die wichtigsten Bücher hast du ja aufgeführt.
    Nochmals herzlichen Dank und liebe Grüße aus dem heute ab und an sonnigen Longyearbyen
    Per Magnus

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  6. Lieber Per Magnus,

    ja, ich habe mit Dinas Hilfe jahrelang Bücher über die Polargebiete und speziell die Arktis gesammelt. Da kommt dann so einiges zusammen. In einem meiner nächsten Blog-Beiträge werde ich auf meinem Blog http://kbvollmarblog.wordpress.com über die Bücher der “Eisecke” in meiner Bibliothek schreiben.

    Liebe Grüße von Norfolk nach Longyearbyen
    Klausbernd und Siri & Selma, die als Buchfeen diese Bücher geordnet haben

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  7. Wirklich eine bewunderungswürdige Fleißarbeit!
    Habe vielen Dank. Schade, dass ich diesen Aufsatz erst jetzt fand.
    Liebe Grüße euch allen hier, die Buchdame

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    • Liebe Buchdame,

      du weißt doch: “Wer immer strebend sich bemüht …” 😉

      Liebe Grüße vom heute windigen, hochsommerlichen Norfolk ins schöne Stockholm
      Klausbernd 🙂

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  8. Pingback: Bücher der Eisecke « kbvollmarblog

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