Delirium eines Verdurstenden von Klausbernd Vollmar und Konrad Lenz

In der flirrenden Hitze schleppte er sich über den Sand, blieb ein letztes Mal liegen, zu schwach und willenlos, sich wieder aufzurichten – oder waren die Bilder zu schön, die ihn nun seelig einlullten und deren Trost er nicht zu zerstören wagte?

Wasser © Konrad Lenz

Wasser, fließendes Wasser, sprudelndes Wasser, kaltes, klares Wasser, das den Stein umhüllte, ihn labend umfloss, das den Ast mitnahm, ihn als rötliches Zeichen ablegte. Aber Zeichen wofür, fragte er sich im Dämmer schwindenden Bewusstseins.

Plötzlich erschien da dieser Stein, nicht gerade ein Fels in der Brandung, aber bewachsen, vom Wasser genährt. Und sah er da nicht jene weibliche Form, einen lockenden Strudel, den ihn tiefer und tiefer in die sich ständig fließenden Welten seines Unbewussten führte, zum Anfang – von allem?

Wasser © Konrad Lenz

Danach trat Ruhe ein. Sollte er dieser umflossene Stein sein, einsam im Strom seiner Gefühle, die ihn rundeten, bis er sich wiederstandlos hingab. “Hingabe und Wasser” fiel ihm ein und nun wusste er, dass er sterben würde.

Wasser © Konrad Lenz

Sein Bewusstsein schimmerte wie viele Kristalle, reine Form, die Inhalte längst überwunden hatte – und damit die Angst, wurde ihm bewusstlos deutlich.
“Warum war diese Erkenntnis mir nicht früher gekommen?”, fragte ein Etwas in ihm, das Esoteriker wohl mit dem Begriff “Seele” bezeichnet hätten. Oder war das die Seele, eine klare Form, etwas, das den ewigen Fluss erstarren ließ und der Hölle wohl schmelzen würde?

Wasser © Konrad Lenz

Dann kam der Tod.
Er kam als reine, kühlende Form, die zugleich sich bewegte und doch ein statisch Bild bot, eine Schimäre, ein Paradox. Er war zu Hause angelangt beim sich ewig gleichbleibenden Wasser, dem Element des Lebens.

Konrad © Lenz

Als man Monate später seine ausgedorrte Leiche fand, eine Grube im Sand aushob, wurde er mit den rauen Worten des Beduinen “Wasser zu Wasser” in sie gebettet.

Copyright alle Fotos: Konrad Lenz
Copyright Text: Klausbernd Vollmar

59 thoughts

    • Vielen Dank, dein Lob tut mir richtig gut und make a big smile on my face 🙂
      Liebe Grüße von meinen munteren Buchfeen, die gerade in den Apfelbäumen herumturnen, und mir
      Klausbernd
      Auch herzlichen Dank für Dina, die diese Serie auf ihren Blog ermöglichte 🙂

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    • Well, well, ich denke mir, den Wegen unseres Unbewussten ist es wesenhaft dunkel zu sein – siehe James Joyce … der es natürlich Klassen besser als ich macht. Ich lerne noch.
      Liebe Grüße
      Klausbernd, der sich für deinen Kommentar herzlich bedankt

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  1. Tschuldigung, will den poetischen Text nicht stören, nur weil ich gerade aus dem Land der frei laufenden Rindviecher komme, eine kleine Anmerkung zu strömendem Wasser:

    Der Strom, er strömt, er strömt ganz rein,
    nur Sonntags scheißt der Stier hinein.

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    • Lieber Pit,
      habe herzlichen Dank für dein Lob, das mich sehr freut.
      Liebe Grüße vom sonnigen Nord-Norfolk nach Süd-Texas
      Klausbernd

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    • Wow, da werde ich ganz rot. DANKE. 🙂 🙂 🙂 🙂
      Ich habe in der Tat alle “Otherland”-Bücher mit großer Freude gelesen. Ich finde “Otherland” ein beachtenswertes, märchenhaft klug komponiertes Werk, obwohl ich eigentlich kein SciFi-Leser bin – außer Douglas Adams` Parodien.
      Liebe Grüße aus dem kleinen Dorf am großen Meer
      Klausbernd

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    • Und zwar erinnert mich das an den Anfang des ersten Bandes, als Paul Jonas sich im ersten Weltkrieg befindet. Otherland hatte ich damals verschlungen, ein Freund hatte mir den ersten und dritten Band geliehen, ich kaufte dann den 2. und den 4., die er sich wiederum borgte. Ebenfalls sehr gut gefiel mir “Der Blumenkrieg” und die lange Schwertsaga, die sehr an “Herr der Ringe” erinnert. Achja, dann fällt mir noch der fantastische Katzenroman ein: “Traumjäger und Goldpfote”, sehr unterhaltsam. Als Dina damals nach Lieblingsbüchern fragte, hatte ich komischerweise gar nicht an Tad Williams gedacht und mich dann sehr gefreut, dass Du ihn dabei hattest!

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    • Danke für die Tipps.
      Wir haben gerade vierziger Jahre Fest im Dorf – voll witzig. Schade, dass Dina gerade abfuhr und Siri & Selma mit ihr 😦
      Liebe Grüße aus dem sonnigen Cley
      Klausbernd

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  2. Auch im Namen von Dina recht herzlichen Dank für dein Lob. Schön, dich in Zukunft öfter hier zu treffen. Ich freue mich 🙂
    So, jetzt muss ich leider den Tisch decken, da heute Abend meine lustigen Nachbarn zum Dinner kommen.
    Liebe Grüße von der Küste Nord-Norfolks
    Klausbernd

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  3. An dieser Stelle wollte ich mich herzlich für deine schönen Zeilen zu meinen Bildern und die superschöne und passende Zusammenstellung bedanken!
    Und vielen Dank für die posivtiven Feedbacks zu den Bildern, über die ich mich sehr gefreut habe.
    Liebe Grüße aus dem sonnigen aber kühlen Freiburg.
    Konrad (der Fotograf)

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    • Hi, lieber Konrad, ich stellte deine beeindruckenden Fotos so zusammen, da es dann einfacher für mich war, ich Geschichte zu schreiben. Dina und ich gehen so vor, dass Dina eine Vorauswahl der eingesandten Fotos macht und ich dann die Fotos so arrangiere, dass ich eine kleine Geschichte dazu schreiben kann. Das freut mich, dass dir unser beider Gemeinschaftswerk gefällt.
      Auch hier ist es kühl und windig geworden, Herbst liegt in der Luft.
      Wir sehen uns ja demnächst. Ich freu mich drauf 🙂
      Liebe Grüße auch an Astrid
      Klausbernd

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    • Lieber Konrad,
      Herzlichen Dank für die Leihgabe deiner Bilder.

      Auch liebherzlichen Dank an Klausbernd für diesen klugen und überaus sophistikierten Text.

      Ich habe mich gefreut!

      Dina

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  4. hey, so i want to say two things. I really like what you did with the third picture where everything is blurry and the rock is in focus. I would’ve liked to see that from the first two but i understand how difficult pictures and running water can be or perhaps that’s simply not what you wanted to do. secondly, the last shot you have is pretty fantastic. sorry, i know you didn’t ask for a critique but we all become better photographers with some.

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    • Lieber Georg,
      herzlichen Dank! 🙂
      Liebe Grüße aus der plötzlich wieder hochsommerlichen Küste, wo heute die vierziger Jahre gefeiert werden. Zum Schreien … 🙂
      Liebe Grüße
      Klausbernd

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    • Lieber Georg,
      nein, dieses Bild auf meinem Blog wurde nicht auf dem Festival “North-Norfolk in the 40th” aufgenommen. Ich denke mir, das ist ein individueller Stil. Die 50er waren wohl zu prüde, um solch ein Tattoo an dieser Stelle als Frau zu zeigen. Wenn auch die Tätowierung sehr früh durch die Seemänner Cooks und das Tagebuch von Banks (über Cooks Reise) nach England kam, ist es erst ein relativ neues Phänomen, dass sich hier auch Frauen tätowieren lassen, um ihren erotische Marktwert zu steigern (wie Coooks Männer es in der Südsee erfuhren). Heute ist allerdings in England fast jeder und jede tätowiert. Ein empfehlenswerter Roman, in dem Tätowieren eine wichtige Rolle spielt, ist John Irvings “Until I find you”. Tolle Mischung der beiden Hauptthemen des Romans: Tätowierung und Kirchenmusik.
      Liebe Grüße
      Klausbernd

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  5. Oh, da hab ich doch eben aus Versehen einen Kommentar mit meinem Pseudonym verfasst. Sorry.
    Nevertheless – wirklich tolle Fotos. Ich liebe solche mystischen Wasserbilder! Und ich denke, sie brauchen gar keinen Text um zu wirken. Im Gegenteil. Fotos ohne Text lassen dem Betrachter Raum für die eigenen Phantasien.
    Angie – alias Renate

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    • Hi liebe Renate,
      Das scheint jetzt ein Misverständnis zu sein. Hier geht es um es einen wunderbar poetisch-filosophischen Text der bebildert ist. Beides gehören zusammen.
      Viele Grüße aus Cambridge
      Dina

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    • Nee, das sehen wir ganz anders – nichts lügt so sehr wie ein Foto “ein Bild lügt mehr als tausend Worte”. Foto und Text benötigen einander, um nicht in der Manipulation zu versinken.
      Einen schönen Tag noch
      The Fab Four of Cley

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  6. Dina und ich betreiben hier keinen reinen Fotoblog. Unsere Idee bei diesen Serien ist gerade, Bild und Text zu verbinden, was auf eine Tradition seit den illuminierten Handschriften des Mittelalters zurückgeht. Wir stellen zwei Zugänge zur Verfügung, einen sprachlichen und einen ikonografischen – du hast die Wahl.
    Gruß aus Nord-Norfolk
    Klausbernd

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  7. Ich wollte mich an dieser Stelle nochmals herzlich für all die posivtiven Feedbacks für meiine Fotografien herzlich bedanken! Ich habe mich sehr darüber gefreut. Danke an dieser Stelle auch nochmals an Klausbernd und Dina!

    Herzliche Grüße aus dem sonnigen und warmen Südbaden

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